Längst nicht alle Schrittmotoren sind vom Hersteller mit einem CE-Kennzeichen verstehen. Es stellt sich also die Frage, wann ein Schrittmotor oder andere Kleinmotoren (z.B. DC- oder BLDC-Motoren) ein CE-Kennzeichnen tragen müssen und wann nicht?
Einige der relevanten regulatorischen Aspekte wurden schon im Beitrag Die richtige Spannung für Schrittmotorsteuerungen – Kriterien zur Auswahl diskutiert. Im Rahmen einer Diskussion im Netz bin ich auf ein Papier des Verbandes der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) von 2016 aufmerksam geworden. Unter dem Titel „Inverkehrbringen von Kleinspannungsmotoren“ erfolgt eine umfassende Betrachtung aller in Frage kommenden rechtlichen Regelungen:
– Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU
– EMV-Richtlinie 2014/30/EU
– Maschinenrichtlinie 2006/42/EG
– Medizinprodukte-Richtlinie 93/42/EWG
– RoHS-Richtlinie 2011/65/EG
– Produktsicherheitsgesetz
Das Papier ist auf der Homepage des ZVEI nicht mehr abrufbar, aber über Suchmaschinen noch zu finden. Auf Anfrage zu den Hintergründen teilte mir der ZVEI mit, dass Teile des Papiers nicht mehr aktuell seien und das Papier daher nicht mehr abrufbar ist. Relevante Änderungen gab es demnach in den Bereichen ProdSG 2021, Medizinprodukte-VO 2019 und RoHS mit Teilanpassungen.
Individuelle Bewertung erforderlich
Die Grundaussagen des Papiers gelten aber aus meiner Sicht weiterhin. Demnach ist die Niederspannungsrichtlinie die wichtigste Norm zur Klärung der Frage, ob eine CE-Kennzeichnung erforderlich ist oder nicht. Wesentliches Kriterium ist dabei die für den Antrieb bzw. für den Motor vorgesehene Betriebsspannung. „Maßgeblich für die Einstufung ist die vom Hersteller spezifizierte höchste Betriebsspannung und nicht eine tatsächlich in der Anwendung benutzte Betriebsspannung.“ heißt es dazu.
Ob die anderen oben genannten Richtlinien und Vorschriften anwendbar sind, muss für die jeweilige Anwendung individuell betrachtet und bewertet werden. Sollte im Ergebnis eine CE-Kennzeichnung der eingesetzten Antriebe erforderlich sein, muss dies bei der Auswahl der Motoren beachtet werden. Bei Schrittmotoren gibt es in den Baugrößen 56mm (Nema23) und 60mm (Nema24) von verschiedenen Herstellern Baureihen mit CE-Kennzeichnung. Oft in Verbindung mit einer höherwertigen Ausstattung (z.B. Schutzklasse IP54 oder besser), Anschluss über M12-Stecker statt loser Litzen usw.. Bei größeren Motoren ab 86mm Flanschmaß (Nema34) sollte eine CE-Kennzeichnung der Regelfall sein. Diese Schrittmotoren werden oftmals mit Spannungen eingesetzt, die eine Anwendung der Niederspannungsrichtlinie erforderlich machen.