Posts Tagged ‘Lastwinkel’

Positioniergenauigkeit von Schrittmotoren

Samstag, November 15th, 2014

Im Beitrag „Die Bedeutung des Lastwinkels bei Schrittmotoren“ wurde bereits diskutiert, warum durch den Einsatz einer Mikroschritt-Ansteuerung zwar die Auflösung des Antriebssystems erhöht wird, nicht aber die Genauigkeit. Dabei wurde auch erläutert, warum ein Schrittmotor unter Last einen Positionsfehler von bis zu einem Vollschritt aufweisen kann, ohne dass er aus dem Tritt gerät. Im Rahmen einer Diskussion über Schrittmotoren und Rampen im Forum von Mikrocontroller.net wurde im Verlauf der Diskussion auch die Frage erörtert, ob der max. Positionsfehler eines Schrittmotors nun ein, zwei oder gar vier Vollschritte betragen würde. Diese Frage möchte ich daher hier nochmals aufgreifen.

In der Literatur finden sich zum statischen Belastungsfall (d.h. der Motor steht und wird durch ein externes Moment belastet) vergleichbare Abbildungen wie im Beitrag über den Lastwinkel, wobei hier das Motormoment aufgetragen ist, während in der Literatur meist das extern angreifende Moment dargestellt wird, und nicht das vom Motor aufgebrachte Moment. Dieses ist dem Lastmoment entgegen gesetzt und weist dementsprechend ein anderes Vorzeichen auf.

Eine besonders interessante Darstellung findet sich bei RUMMENICH. Neben der bekannten sinusförmigen Lastmoment-Kurve, die den Bereich +/-2 Vollschritte abdeckt, wird hier die Stabilität der Rotorlage durch einen Vergleich mit einem Pendel symbolisch dargestellt. Anhand des Pendels wird deutlich, dass der Rotor in den Positionen bei +/- 2 Vollschritten eine instabile Lage einnimmt. Sollte es zu einer Überlastung des Motors kommen, wird der Rotor also in die nächste stabile Position (+/- 4 Vollschritte) springen. Das gilt allerdings nur, wenn die externe Last dann wieder kleiner ist als das Drehmoment des Motors. Ansonsten wird der Rotor um weitere n*4 Schritte weiter drehen. Analog kann das Pendel nur in seine stabile Lage zurück schwingen, wenn die Kraft welche die Auslenkung verursacht hat, verschwindet (d.h. wenn das Pendel losgelassen wird).

Lastwinkel Rummenich

Darstellung des Lastwinkels im Buch von E. Rummenich.

Eine ausführlichere Betrachtung zum Thema Winkelfehler durch Belastung des Motors findet sich bei SCHÖRLIN. Neben dem Einfluss einer statischen Last wird hier auch auf das Reibmoment eingegangen. Der durch das Reibmoment verursachte Winkelfehler wird gemäß

α=arcsin⁡(Mr/Mmax)

berechnet, wobei Mr das Reibmoment und Mmax das Nennmoment des Schrittmotors ist. Es wird sofort klar, dass ein höheres Drehmoment bei gleichbleibendem Reibmoment einen kleineren Winkelfehler zur Folge hat. Umgekehrt führt eine Absenkung des Motorstroms zu einem höheren Winkelfehler.

SCHÖRLIN betrachtet aber auch den dynamischen Lastfall. Bei höheren Drehzahlen ergibt sich durch die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung ein Nacheilen des Drehfeldes gegenüber den angelegten Spannungen um max. 90°, so dass auch der Rotor zurück fällt. Dieser Effekt überlagert sich mit dem statischen Lastfall, so dass der dynamische Gesamtfehler bis zu zwei Vollschritte betragen kann.

Dynamischer Lastwinkel

Darstellung des statischen Lastwinkels incl. Einfluß des Reibmomentes (oben) sowie des dynamischen Lastwinkels (unten) bei F. Schörlin

Kommt es zu einer Überlastung und damit zu einem außer Tritt fallen des Motors („Schrittverlust“), springt der Schrittmotor um ein Vielfaches von 4 Vollschritten weiter. Der im Verlauf der eingangs genannten Diskussion gebrauchte Begriff „Großschritt“ findet sich in der Literatur übrigens nicht wieder. Auch eine Websuche führt zu nicht zu relevanten Treffern. Stattdessen ist es üblich, von einer elektrischen Umdrehung zu sprechen, da sich nach vier Vollschritten das Bestromungsmuster widerholt. Der Zusammenhang zwischen der elektrischen Umdrehung und einer mechanischen Umdrehung des Rotors (=360°) ist die Anzahl der Polpaare. Der typische 2-phasige Schrittmotor mit 1,8° Vollschritt-Winkel (200 Vollschritte/U) weist demnach eine Polpaarzahl von 50 auf.

Zusamenfassung: Unterhalb des Motor-Nennmoments ist der auftretende Winkelfehler im statischen Fall kleiner als +/- einen Vollschritt. Im dynamischen Fall kann der Winkelfehler sogar auf +/- zwei Vollschritte ansteigen. Dieser Effekt ist bei Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Positioniergenauigkeit unbedingt zu beachten. Ggf. hilft es, den Motor entsprechend größer auszulegen, so dass die auf den Rotor wirkenden Lastmomente gegenüber dem Nennmoment klein bleiben, was entsprechend kleinere Winkelfehler zur Folge hat.

Literatur zu Schrittmotoren

Freitag, Juni 8th, 2012

Wer anfängt, sich mit Schrittmotoren zu beschäftigen, findet im Web eine Menge an Quellen, anhand derer man sich einen ersten Überblick verschaffen kann. Zu empfehlen ist zunächst der Wikipedia-Artikel zum Schrittmotor. All denen, die halbwegs englisch sprechen bzw. lesen können, sei die Webseite von Professor Jones ans Herz gelegt. Auch meine Homepage zum Schrittmotor möchte ich nicht unerwähnt lassen…

Was aber, wenn man tiefer in das Thema Schrittmotor einsteigen will? Ältere Semester werden sich erinnern: Richtig, dann könnte man ein Buch zur Hand nehmen. Aber welches? Ich habe im Folgenden eine Übersicht über bekannte und weniger bekannte Bücher rund um den Schrittmotor zusammen gestellt. Allen gemein ist, dass sie schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Viele Titel sind außerdem nicht mehr neu erhältlich, sondern nur noch gebraucht über eBay, Amazon und Co.

Neuere Entwicklungen wie Mikroschritt, Stall-detection (Überlasterkennung) oder sensorlose Regelung bleiben bei den Büchern also außen vor. Doch bevor man sich intensiv mit diesen Themen beschäftigt, lohnt es sich, ein gutes Grundverständnis vom Schrittmotor und dem zugrunde liegenden Wirkprinzip aufzubauen. Dann lesen sich die Datenblätter und Applikation Notes der IC-Hersteller deutlich leichter. Und wer dann immer noch nicht genug hat, wird in Unibibliotheken fündig. Hier gibt es tatsächlich eine Reihe neuerer Veröffentlichungen in internationalen Magazinen (z.B. verschiedene IEEE Publikationen) und natürlich Dissertationen, die noch mehr in die Tiefe gehen.

Literaturübersicht:

Übersicht Bücher zum Thema Schrittmotoren

Eine Auswahl an Büchern zu Schrittmotoren und elektrischen Antrieben

Felix Schörlin: “Mit Schrittmotoren steuern, regeln und antreiben”. Franzis, 1995. ISBN: 3-7723-6722-4
Sehr schönes, leicht verständlich geschriebenes Buch für Einsteiger. Betrachtet auch Resonanzen und einfache Versuchsaufbauten. Mit verschiedenen, ausführlich erläuterten Schaltungsbeispielen (TCA3717, L6203, diskrete Endstufen mit MOSFET und IGBTs), die allerdings nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Auch für 5-phasige Motoren einsetzbar. Das Controller-Beispiel mit dem ST6225 ist nicht mehr up to date, kann aber leicht auf andere Controller übertragen werden.

Friedrich Prautzsch: „Schrittmotor-Antriebe“. 3. Aufl., Franzis, 1996. ISBN: 3-7723-2183-6
Sehr kompakt, bietet einen schnellen aber nicht zu oberflächlichen Einstieg in das Thema. Elektrotechnik-Grundwissen ist von Vorteil. Nicht mehr ganz auf dem letzten Stand.

Erich Rummenich et al.: „Elektrische Schrittmotoren und –antriebe“. 3. Aufl., Expert 2005. ISBN: 3-8169-2458-1
Inhaltlich nicht mehr auf dem Stand der Technik. Interessant wegen der einfachen Versuchsaufbauten und für historische Betrachtungen

Takashi Kenjo: „Stepping motors and their microprocessor controls“. Oxford Science Publications, 1984. ISBN 0-19-859339-2
Sehr umfangreiches englisches Buch, bietet einen guten Einstieg mit historischem Überblick. Viele interessante Abbildungen von älteren Geräten und Realisierungsbeispielen. Dynamische Betrachtungen incl. der mathematischen Zusammenhänge, Schaltungsbeispiele mit Logiktabellen sowie Versuchsaufbauten. Mit Literaturverzeichnis zu jedem Kapitel

Dierk Schröder: „Elektrische Antriebe – Grundlagen“. 3. Aufl., Springer, 2007. ISBN: 978-3-540-72764-4
Allgemeines Buch zur elektrischen Antriebstechnik mit einem Abschnitt über Schrittmotoren. Umfangreiches Literatur- und Sachverzeichnis

Gert Hagmann: „Leistungselektronik – Grundlagen und Anwendungen in der elektrischen Antriebstechnik“. 3. Aufl., Aula, 2006. ISBN:978-3-89104-700-2
Gutes Grundlagenbuch für alle, die selbst Schaltungen zur Ansteuerung von Motoren entwickeln möchten. Gutes Sachverzeichnis.

Paul Acarnely: “Stepping Motors: A Guide to Theory and Practice”. 4th edition, Institution of Engineering and Technology, 2002. ISBN: 978-0852964170
Englisches Fachbuch. Das Thema Mikroschritt fehlt leider. Sonst sehr detailliert, incl. der zur Beschreibung und Berechnung erforderlichen Mathematik. Weitere Themen: Open und closed loop Betrieb, statische Betrachtung der Momente, Highspeed Betrieb, Resonanzdämpfung. Umfangreiche Literaturverweise.

Handbuch Elektrische Kleinantriebe [Gebundene Ausgabe]
Hans-Dieter Stölting (Herausgeber), Eberhard Kallenbach (Herausgeber). 4. Aufl., Hanser, 2011. ISBN-13: 978-3446423923
Habe ich selbst noch nicht gelesen, sollte aber trotzdem nicht unerwähnt bleiben, weil es gerade in neuer Auflage erschienen ist. Somit besteht die Chance, auch zu neueren Themen Informationen zu finden.

Resonanzen bei Schrittmotoren

Donnerstag, Juli 28th, 2011

Gesteuert betriebene Schrittmotoren weisen, je nach Last und Art der Ansteuerung, unterschiedlich starke Resonanzbereiche auf. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Ursache und mögliche Lösungen, mit denen das Auftreten von Resonanzen und damit letztlich ein Schrittverlust vermiedenen werden kann.

Resonanzen bei Schrittmotoren lassen sich grob in zwei Bereiche unterteilen, die unterschiedliche Ursachen haben. Im unteren Frequenzbereich (bis ca. 250 Hz) handelt es sich um mechanisch angeregte Schwingungen, die im Bereich der Eigenfrequenzen der Mechanik Aufgrund mangelnder Dämpfung kritisch werden können. Im mittleren bis oberen Frequenzbereich hat man es dagegen mit einer geringer werdenden Dämpfung aufgrund der induzierten Gegenspannung (EMK) und Wechselwirkungen mit der Treiberschaltung (Endstufe) zu tun.

Resonanzen im unteren Frequenzbereich

Bei der Betrachtung des Lastwinkels wurde bereits diskutiert, dass ein Schrittmotor nur dann ein Drehmoment erzeugt, wenn der Winkel zwischen dem elektromagnetischem Feld und Rotor ungleich null ist. Wir der Motor ohne Last mit konstanter Frequenz betrieben, ergibt sich bei jedem Umschalten einer Wicklung eine schlagartige Änderung dieses Winkels. Der Rotor bewegt sich jedoch annähernd gleichförmig, so dass der Lastwinkel stark schwankt. Es ergibt sich ein starkes Pendelmoment. Nur der Gleichanteil dieses Pendelmoments steht zum Antreiben von Lasten zur Verfügung. Bei niedriger Dämpfung und ungünstiger Anregungsfrequenz wird der Rotor zum Schwingen angeregt und das System schaukelt sich weiter auf. Die betroffenen Frequenzen hängen stark von der angekoppelten Last und der damit verbundenen Reibung ab. Umso geringer die Reibung und die Trägheit im System sind, umso größer ist die Gefahr von Resonanzproblemen. In weniger „geschönten“ Drehmomentkurven sind Resonanzstellen gut durch Einbrüche im Drehmomentverlauf zu erkennen. Das vorhanden sein eines solchen Einbruchs bedeutet aber nicht, dass der Motor im entsprechenden Frequenzbereich kein oder kaum Drehmoment erzeugt. Ist der Motor entsprechend belastet, erzeugt er sehr wohl ein entsprechendes Moment. Man muss aber darauf achten, dass die Last oder die Reibung nicht zu klein werden können.

Resonanzen im unteren Frequenzbereich sind besonders bei Ansteuerung im Vollschritt und zum Teil auch bei Halbschrittbetrieb ausgeprägt. Der Betrieb von Schrittmotoren im Vollschritt kann daher allgemein nicht empfohlen werden. Deutlich weniger Resonanzprobleme treten bei Ansteuerung im Mikroschritt auf. Probleme kann aber auch die anzutreibende Mechanik machen, wenn sie nicht ausreichend steif ist und Eigenfrequenzen in Bereichen aufweist, die vom Motor angeregt werden können. Sind die kritischen Frequenzbereiche bekannt und liegen sie unterhalb der Arbeitsgeschwindigkeit, empfiehlt es sich, den Motor schnell durch die kritischen Bereiche hindurch zu beschleunigen. Auch die geeignete Wahl von Getrieben oder anderen Übersetzungsstufen kann helfen, Resonanzbereiche zu meiden. Falls das nicht ausreicht, können mechanische Dämpfer Abhilfe schaffen. Diese gibt es z.B. als preiswerte Flanschdämpfer, die zwischen Motor und Mechanik montiert werden. Oder als Silikongel Dämpfer in Scheibenform, die z.B. auf das hintere Wellenende eines Schrittmotors montiert werden können. Diese Lösung ist aber vergleichsweise teuer. Flanschdämpfer verschlechtern dagegen die Kühlung des Motors über die Struktur der Mechanik, da kein direkter Kontakt mehr besteht. Außerdem stellen sie eine zusätzliche Nachgiebigkeit zwischen Motor und Last dar und verringern so die Positioniergenauigkeit. Gute Ergebnisse erreicht man auch durch den Einsatz eines Zahnriemens statt einer Metallbalgkupplung zwischen Motor und Last. Allerdings muss das möglichst schon in der Planungsphase berücksichtigt werden, da sonst größere Änderungen an der Mechanik erforderlich werden.

Mechanische Dämpfer für den Einsatz an Schrittmotoren. Links: Flanschdämpfer, rechts Wellendämpfer.

Resonanzen im mittleren Geschwindigkeitsbereich (engl. „midband resonances“)

Resonanz Erscheinungen im mittleren Frequenzbereich sind meist deutlich weniger ausgeprägt als im Bereich der mechanischen Eigenfrequenzen. Während die mechanische Dämpfung (aufgrund von Reibung usw.) mit der Geschwindigkeit leicht ansteigt, erreicht die Dämpfung aufgrund der Gegen-EMK ein lokales Maximum und fällt dann wieder ab. Dieses Verhalten ist auf die Wicklungsinduktivität zurück zu führen, die dafür sorgt, dass mit steigender Drehzahl der Winkel zwischen induzierter Spannung und dem daraus resultierenden Strom größer wird, was die (Verlust-)Leistung kleiner werden lässt. Durch ihren hohen Innenwiderstand haben moderne Choppertreiber keinen zusätzlichen dämpfenden Einfluss auf den Motor. Es ergibt sich somit ein Geschwindigkeitsbereich, in dem die Dämpfung des Systems mit der Drehzahl abnimmt. Zusätzliche Probleme können sich im oberen Drehzahlbereich ergeben, wenn der Stromregler aufgrund der Wicklungsinduktivität und der schnellen Umpolvorgänge keine Wirkung mehr hat. Der Treiber arbeitet dann wie ein einfacher L/R-Treiber, so dass der Motorstrom direkt von der Versorgungsspannung abhängt. Ist diese nicht ausreichend mit Kondensatoren stabilisiert, kann es bei ungünstigen Verhältnissen (Ansteuerung des Motors mit einem Vielfachen des Netzripples) zu einem Aufschwingen des Motors kommen.

Abhilfe schaffen z.T. schaltungstechnische Maßnahmen, die aber nicht trivial sind und immer auf den jeweiligen Motor abgestimmt werden müssen. Schwingungsvorgänge lassen sich als eine dem Betriebsstrom überlagerte Sinuskomponente messen. Die Messung kann in der Zuleitung zu den Endstufentransistoren erfolgen. Über eine Filterstufe kann dann der Wechselanteil identifiziert werden. Zur Schwingungskompensation gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen. Eine Möglichkeit besteht darin, eingehende Schrittimpulse mehr oder weniger stark zu verzögern. Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Phasenverschiebung zwischen Rotor und Feld. Die andere Möglichkeit besteht darin, die Motorströme so zu modulieren, dass der Strom erhöht wird, wenn der Rotor zu stark nacheilt und reduziert wird, wenn der Motor zu sehr voreilt. Der Aufwand zur wirksamen Unterdrückung von Schwingungen kann also je nach Aufbau des Systems erheblich werden.

Resonanzen bei Closed-Loop Betrieb

Inzwischen lässt sich ein Trend erkennen, auch Schrittmotoren geregelt zu betreiben. Die Firma Nanotec bietet z.B. schon seit einiger Zeit verschiedene Treiber an, die einen Encoder-Eingang haben und neben einer reinen Schrittverlusterkennung auch einen geregelten Betrieb ermöglichen („closed loop“). Trinamic zielt mit seinen Stallguard-2 Treibern in die gleiche Richtung, vermeidet aber den Aufwand für einen Drehgeber, in dem eine sensorlose Lastwinkelerkennung zum Einsatz kommt. Aber auch mit geregelten Antrieben ist man vor Resonanzen nicht sicher. Zunächst einmal müssen Regler vernünftig abgestimmt werden, was eine gewisse Erfahrung erfordert. Zu hohe Reglereinstellungen führen zur Instabilität des Systems, zu niedrige Einstellungen bedingen hohe Nachgiebigkeiten und damit niedrigere Dynamik und Positioniergenauigkeit.

Aber auch die beste Regelung nützt nichts, wenn die anzutreibende Mechanik nicht steif genug ist, wie folgendes Beispiel aus der Praxis verdeutlicht. Im Rahmen eines Beratungsprojektes sollte ein Schrittmotorantrieb für eine Dosierpumpe optimiert werden, die über einen Zahnriemen angetrieben wurde. Nachdem man im gesteuerten Betrieb bei hohen Drehzahlen gelegentlich Schrittverluste festgestellt hatte, wurde das System auf geregelten Betrieb umgestellt. Jetzt traten allerdings (abhängig von weiteren Einflüssen, die nicht publiziert werden dürfen und hier auch nicht relevant sind) Störgeräusche auf. Mittels Messungen konnte eine extreme Drehmomentwelligkeit im Antriebsstrang nachgewiesen werden, obwohl es auf der Lastseite hierfür keinen erkennbaren Grund gab. Die auftretenden Frequenzen lagen (drehzahlabhängig) bei wenigen Hertz, die Amplitude erreichte z.T. mehr als ein Viertel des Motornennmomentes.

Neben einer ungünstigen Auslegung des Zahnriemens selbst (zu geringer Umschlingungswinkel und zu geringe Zähnezahl) konnte letztlich der federbelastete Riemenspanner als Hauptursache der Probleme ausgemacht werden. Obwohl die Spiralfeder subjektiv eine hohe Steifigkeit aufwies, führten Lastwechsel im Riementrieb dazu, dass sich die Riemenspannung über den Vorspannmechanismus lastabhängig variierte. Nachdem die Feder entfernt und der Riemen statisch vorgespannt wurde, konnten die Reglereinstellungen deutlich erhöht werden. Der Antrieb lief anschließend geräuschlos und mit deutlich reduziertem Drehmoment-Ripple.

Die Bedeutung des Lastwinkels bei Schrittmotoren

Montag, April 18th, 2011

Für verschiedene Betrachtungen rund um den Schrittmotor (z.B. Leistungsbilanz, Wirkungsgrad, sensorlose Regelung) ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen dem durch die Schrittmotor-Endstufe vorgegebenen Drehfeld und der aktuellen Rotorposition zu kennen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich daher mit dem Lastwinkel und den damit verbundenen Konsequenzen für die Anwendung von Schrittmotoren.

Schrittmotoren werden klassischer weise gesteuert betrieben („open loop“),weil hierfür kein Drehgeber benötigt wird und keine Reglerinbetriebnahme erforderlich ist. Oftmals wird dabei davon ausgegangen, dass der Schrittmotor, so lange sein jeweiliges Drehmoment nicht überschritten wird, exakt dem vorgegebenen Drehfeld folgt und seine Rotorpsoition somit genau bekannt ist. Auf den ersten Blick ist diese Annahme auch richtig. Schrittmotoren sind Synchronmaschinen, die dem vorgegebenen Drehfeld ohne Schlupf folgen. Trotzdem gibt es zwischen der Drehung des elektrischen Feldes und der mechanischen Rotordrehung eine Abweichung, die man „Lastwinkel“ δ nennt.

Weiterhin wird oftmals unterstellt, ein Schrittmotor würde immer, wenn seine Wicklungen bestromt sind, ein Drehmoment abgeben. Tatsächlich kann das aber physikalisch garnicht sein, da ein Motormoment ohne entgegenwirkendes Lastmoment eine Beschleunigung des Rotors zur Folge hätte. Deswegen wird begrifflich zwischen Haltemoment und Drehmoment unterschieden. Das Drehmoment ist letztlich das im jeweiligen Betriebspunkt vom Motor erzeugte Moment. Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien geben dabei die Obergrenzen abhängig von verschiedenen technischen Randbedinungen (Beschaltung der Wicklung, Versorgungsspannung, Phasenstrom, ggf.  bei der Messung verwendete Dämpferelemente oder Lastträgheiten) über der Drehzahl an. Das Haltemoment gibt das maximale Moment an, dem der Rotor im Stand genügend Drehmoment entgegensetzen kann, ohne das er aus seiner Position ausrastet. Das folgende Bild veranschaulicht diesen Zusammenhang.

Drehmoment eines Schrittmotors abhängig von der Rotorauslenkung durch externe Belastung.

Ohne Einwirkung durch ein externes Moments befindet sich der Schrittmotor in der Vollschrittposition Null, der Lastwinkel δ ist also ebenfalls Null. Mit steigendem Lastmoment entwickelt der Motor, ähnlich wie eine Feder, ein steigendes Drehmoment. Bei Erreichen des Kippunktes wird der Rotor instabil und springt, da das Drehmoment im weiteren Verlauf abfällt, bis in die nächste stabile Position (+4 Vollschritte). Steht das Lastmoment weiterhin an, verliert der Motor weitere Schritte.

Das bedeutet für die Anwendung von Schrittmotoren:

  • Ohne Last stimmt die Position von Rotor (mechanisches Drehfeld) und elektrischem Feld überein (sofern man Reibungseffekte vernachlässigt).
  • Ein Schrittmotor liefert nur unter Last ein Drehmoment.
  • Ein gesteuert betriebener Schrittmotor ist mit einer Feder vergleichbar. Die „Federrate“ kann über den Wicklungsstrom beeinflusst werden.
  • Es gibt einen lastabhängigen Positionsfehler, der bis zu einem Vollschritt betragen kann.
  • Der Einsatz von Treibern mit Mikroschritt erhöht die Genauigkeit nicht, da sich der Zusammenhang zwischen Moment und Lastwinkel nicht ändert.

Für Anwendungen mit hohen Genauigkeitsanforderungen ist daher zu prüfen, ob der Einsatz von hochauflösenden Motoren (2-Phasen Motoren mit 0,9° Vollschrittwinkel oder 3-Phasen Motoren) oder spielfreien Getrieben sinnvoll ist. Alternativ ist es auch denkbar, den Motor deutlich überzudimensionieren, um eine geringere Auslenkung unter Last zu erreichen.