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Unterschiede in den technischen Daten von Schrittmotoren und Schrittmotor-Steuerungen

Sonntag, Mai 19th, 2019

Bei Schrittmotoren und Schrittmotor-Steuerungen gibt es verschiedene Sichtweisen auf den Phasenstrom. Bei der Auswahl der Komponenten ist es hilfreich, diese Unterschiede zu kennen und entsprechend zu berücksichtigen. Mit diesem Beitrag möchte ich diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen verständlich machen.

Phasenstrom bei Schrittmotoren

Der bei Schrittmotoren angegebene Phasenstrom (Motornennstrom) bezieht sich immer auf eine Vollschritt-Position, in der beide Phasen mit dem gleichen Strom durchflossen sind. Diese Betrachtung ist einleuchtend, wenn man sich vor Augen führt, dass der Vollschritt-Betrieb lange Zeit die Standard-Betriebsart war. Auch beim Aufkommen von Halbschritt-fähigen Steuerungen wurde zunächst der Wicklungsstrom nicht variiert, sondern in den Halbschritt-Positionen lediglich eine der Wicklungen abgeschaltet. Erst mit dem Aufkommen von 1/4-Schritt fähigen Treiber-ICs fing man an, in den Halbschritt-Positionen den Motorstrom anzuheben, siehe unten.

Betrachtet man die elektrischen Verluste im Motor (bei stehendem Rotor), ergeben sich diese zu

Pel = n * Imotor2 * R ; mit n = Anzahl der Wicklungen, Imotor = Inennstrom, R = Wicklungswiderstand

Der Nennstrom wird vom Hersteller so bemessen, dass der Schrittmotor im Dauerbetrieb thermisch nicht überlastet wird. Üblicherweise wird dabei auch eine Montage mit definierten Bedingungen (erforderliche Auflagefläche für den Motorflansch) vorausgesetzt. Anmerkung: Bei Montage des Motors über einzelne Stehbolzen ohne flächige Auflage kann die Wärme nicht an die umliegende Mechanik abgegeben werden. Der Motorstrom muss in solchen Anwendungen entsprechend reduziert werden.

Das von beiden Phasen erzeugte Motormoment ergibt sich durch die vektorielle Addition der Momente aus den einzelnen Phasen. Da diese bei einem 2-phasigen Motor elektrisch 90° zueinander stehen, ergibt sich das resultierende Moment wie folgt:

Vektorielle Additon der beiden Phasenströme bei einem 2-phasigen Schrittmotor

Anpassung des Wicklungsstroms in der Schrittmotor-Steuerung

Um die Auflösung des Motors zu erhöhen, wurde der Halbschritt-Betrieb eingeführt. Hierbei wird in den zusätzlichen Halbschritt-Positionen jeweils eine der beiden Phasen abgeschaltet. Das Motormoment ist direkt proportional zum Motorstrom. Es ergibt sich also ein um den Faktor 1/Wurzel(2) = ~0,707-fach geringeres Moment. Um eine Welligkeit des Drehmomentes zu vermeiden empfiehlt es sich, den Phasenstrom entsprechend um den Faktor Wurzel(2) anzuheben. Das ist zulässig ohne den Motor thermisch zu überlasten, wie man leicht nachrechnen kann. Obige Formel gilt weiterhin, nun allerdings mit n = 1 und Imotor = Wurzel(2) * Inenn.

Drehmoment-Welligkeit im Halbschritt-Betrieb und Abhilfe durch Anpassung des Phasenstroms.

Diese Art des modifizierten Halbschritt-Betriebs wird in älteren Application-Notes von ST als „Halfstep with shaping“ bezeichnet, und wurde z.B. bei der ersten Schrittmotor-Steuerung von mir, der 3D-Step, schon 2001 umgesetzt.

Übergang zum Mikroschritt

Fügt man weitere Zwischenschritte für die beiden Phasenströme ein, wird der Motor im sogenannten Mikroschritt angesteuert. Üblich sind Unterteilungen eines Vollschritts in 4 („Viertelschritt) bis 256 Schritte (1/256 Mikroschritt). Eine detailiertere Erklärung findet sich bei Prof. Jones, einschließlich einer Anekdote über die Erfindung der Mikroschritt-Ansteuerung 1974. Für die Ströme in den Wicklungen ergeben sich zwei Sinus-förmige Verläufe mit einer Phasenverschiebung von 90°. Der Verlauf des Drehmoments ist (nahezu) konstant, wenn man das Rastmoment des Motors außeracht lässt.

Phasenstrom mixed decay
Phasenstrom im Mikroschritt-Betrieb mit zusätzlichen Zwischenschritten zwischen Voll- und Halbschritt-Positionen (hier: 1/8-Schritt). Gut zu erkennen: Wenn der Strom in einer Phase 0 ist, erreicht die andere 100% (Halbschritt-Position). In den Vollschritt-Positionen sind beide Wicklungsströme bei 70,7% (Quelle: Datenblatt A3977, Allegro Micro).

Das Rastmoment eines Schrittmotors liegt üblicherweise bei etwa 5% des Nennmoments und kann in der Praxis durchaus zu hörbaren Laufgeräuschen führen. Wenn die verwendete Motorsteuerung keine Kompensationsmöglichkeit bietet, wird die tatsächlich erreichbare Mikroschritt-Auflösung limitiert. Realisiert ist eine solche Kompensation z.B. in der DS10-Serie von LAM.

Strom ist nicht gleich Strom

Wie in den vorherigen Abschnitten gezeigt wurde, haben Hersteller von Schrittmotoren und Schrittmotor-Steuerungen unterschiedliche Sichten auf den Motorstrom. Beim Motor ist der Motornennstrom die entscheidende Kenngröße. In der Steuerung wird dieser Strom in der Halbschritt-Position erreicht und entspricht etwa 70,7% des eingestellten Motorstroms.

Um Schrittmotor-Steuerungen gut vermarkten zu können, hat es sich mit dem Aufkommen von Mikroschritt Steuerungen schnell eingebürgert, den höheren Spitzenwert des sinusförmigen Wicklungsstroms anzugeben. Dieser ist aber – wie oben hergeleitet – um den Faktor Wurzel(2) = ~1,412-fach größer als der Nennstrom des Motors. Um einen Motor mit 2,0A Wicklungsstrom mit seinem Nennmoment betreiben zu können, ist also ein Treiber mit einem Ausgangsstrom von 2,8A erforderlich. Bei den Produkten von mechapro geben wir in der Regel beide Werte an, Effektivwert (=Motornennstrom) und Spitzenwert (zur Vergleichbarkeit mit Wettbewerbs-Produkten).

Fazit

Bei Schrittmotor-Steuerungen wird oft nur der höhere Spitzenstrom angegeben. Um den Schrittmotor auch tatsächlich mit seinem nominalen Haltemoment und entsprechendem Drehmoment betreiben zu können, muss die Endstufe der Motorsteuerung rund 140% des Motornennstroms bereitstellen können. Und das je nach Anwendung nicht nur kurzzeitig, sondern im Dauerbetrieb. Bei der Auswahl einer Steuerung muss also ausreichend Reserve berücksichtigt werden, um den Schrittmotor optimal ausnutzen zu können.

Einschwingverhalten von Schrittmotoren

Dienstag, Juli 9th, 2013

Um Schrittmotoren in der Anwendung besser verstehen und beurteilen zu können ist es hilfreich, zunächst das Verhalten des Motors bei einem einzelnen Schritt zu betrachten. Auf dieser Basis lassen sich viele Dinge wie z.B. die Vorteile von Halb- und Mikroschritt sowie die Bedeutung der Last und ihrer Ankopplung an den Motor besser nachvollziehen.

Für die in diesem Beitrag behandelten Messungen wurde zur Erfassung der Rotorbewegung ein Encoder mit 5.000 Strichen und TTL-Ausgang verwendet. Mit Hilfe der 4-fach Flankenauswertung lässt sich die Bewegung auf 20.000 Pulse/U auflösen. Bei einem normalen Schrittmotor mit 200 Vollschritten/U entspricht das 100 Pulsen pro Vollschritt.

Der Encoder wurde über eine drehsteife Elastomer-Kupplung direkt an den Motor angekoppelt. Als Testmotor wurde ein Oriental Motor Typ PK268-E2.0B in paralleler Beschaltung eingesetzt. Auf der B-Welle war ein Dämpfer Typ D6CL-6.3F (Massenträgheit J_Dämpfer=18,5*10-6 kg*m², J_Motor=48*10-6 kg*m²) montiert.

Testaufbau, Schrittmotor mit Encoder

Schrittmotor PK268-E2.0B mit Encoder und Dämpfer

Angesteuert wurde der Motor über eine 3-Achs Endstufe „3D-Step“ mit der klassischen L297/L298 Treiber-Kombination bei 2,0A(effektiv), also etwas unterhalb des Nennstroms von 2,8A. Die Erfassung der Encoder-Signale erfolgte über eine Beckhoff-SPS mit einer Taktrate von 2ms.

Bei einem Vollschritt sollte der Motor einen Winkel von 1,8° weiterschalten. Eine erste Messung zeigt, dass der Motor trotz der Belastung durch den Dämpfer und den Encoder dabei deutliche Schwingungen ausfürt. Der Rotor schwingt bis fast 2,8° über und pendelt auf 1,5° zurück, bevor die Schwingung langsam abklingt und nach ca. 10ms in einem Toleranzband von +/- 0,2° ausklingt.

Messergebnis Vollschritt mit Dämpfer

Vollschritt mit Dämpfer

Noch deutlich schlimmer sieht es aus, wenn man den Dämpfer von der B-Welle des Motors entfernt. Das Überschwingen ist mit max. 3,0° von der Amplitude her zwar nur unwesentlich stärker, jedoch lässt sich deutlich erkennen, dass die Dämpfung stark reduziert wird. Es dauert jetzt ca. 25ms, bis der Rotor im selben Toleranzband bleibt wie dies beim ersten Versuch bereits nach 10ms der Fall war.

Messergebnis für Vollschritt ohne Dämpfer

Vollschritt ohne Dämpfer

Nach Umschalten der Endstufe in den (stromkompensierten) Halbschritt und erneuter Montage des Dämpfers ergibt der nächste Versuch die folgende Sprungantwort. Zu beachten ist hier, dass der Motor nach einem Halbschritt im Vergleich zu den vorherigen Versuchen nur den halben Winkel, also 0,9° zurück gelegt hat. Die Schwingung reicht hier von ca. 1,15 bis zurück nach 0,7° und erreicht bereits nach einer Schwingung ein Toleranzband von +/-0,1°. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde der Maßstab des Graphen unverändert beibehalten.

Messergebnis für Halbschritt mit Dämpfer

Halbschritt mit Dämpfer

Beim Übergang zu einer kontinuierlichen Drehbewegung wird der Rotor je nach Drehzahl weitergeschaltet, bevor die durch einen einzelnen Schritt angeregte Schwingung vollständig abgeklungen ist. Das zeigt auch die folgende Messung bei ca. 42Hz Halbschritt. Trotzdem führen insbesondere der erste Überschwinger und die stufenweise Bewegung im unteren Drehzahlbereich zu unangenehmen Betriebsgeräuschen.

Messergebnis für eine kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

Kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

In der Anwendung treibt der Motor eine mehr oder weniger steif angekoppelte Last an. Es ist angesichts dieser Messungen leicht nachvollziehbar, dass der Motor mit seiner Schwingneigung leicht Resonanzstellen in der Mechanik anregen kann.

Die Amplitude des Überschwingens hängt direkt mit dem Drehmoment und damit mit dem Motorstrom zusammen. In diesem Versuch wurde der Motor bereits ca. 30% unterhalb seines Nennstroms betrieben. Bei Nennstrom ist also eine noch stärkere Schwingung zu erwarten. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Absenkung des Motorstroms –sofern in der Anwendung entsprechende Drehmomentreseven vorhanden sind- zu einer Reduktion von Schwingungen führen wird.

Wie der Gegenversuch mit dem Dämpfer zeigt, hilft eine steif angekoppelte Last, das Gesamtsystem zu bedämpfen. Auch die Auswahl einer geeigneten Kupplung sowie eine stabile Lastmechanik (geringe Schwingungsneigung) sind Hilfen, um Resonanzprobleme zu vermeiden. Einen deutlichen Vorteil bietet vor allem der Wechsel zum Halbschritt-Modus. Bei Einsatz einer Endstufe mit Drehmoment-Kompensation (also der Erhöhung des Phasenstroms in den Halbschrittpositionen) entsteht durch den Einsatz von Halbschritt kein nennenswerter Drehmomentverlust. Daher und wegen der erhöhten Schwingungsneigung im Vollschritt rate ich grundsätzlich von der Verwendung des Vollschrittbetriebs ab.

Eine weitere Optimierung besteht im Einsatz von Steuerungen mit Mikroschritt und ggf. der Möglichkeit, das beim Schrittmotor besonders ausgeprägte Rastmoment zu kompensieren. Diesem Thema werde ich demnächst einen eigenen Beitrag widmen.

China-Endstufen im Test bei c’t Hardwarehacks

Mittwoch, Mai 2nd, 2012

Der c’t Redakteur Carsten Meyer widmet sich in seinem Testbericht auf Heise Hardware-Hacks den inzwischen sehr belieben 3- oder 4-achsigen Schrittmotorendstufen auf Basis des Toshiba TB6560AHQ. Im Test nimmt das Design genauer unter die Lupe und entdeckt einige Ungereimtheiten. Fazit: Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Zum Testbericht auf Hardware-Hacks

Schrittmotor im Servo-Betrieb – Closed loop or not so closed?

Mittwoch, Januar 18th, 2012

Immer mehr Hersteller bieten Schrittmotoren mit Positionsfeedback (Encoder) und entsprechende Steuerungen an. Grund genug, Vor- und Nachteile dieser Systeme ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

Die klassische Anwendungsweise für Schrittmotoren ist der sogenannte „open loop Betrieb“, also der Einsatz ohne Positionsrückmeldung. Durch die hohe Polpaarzahl folgt der Schrittmotor dem extern vorgegebenen Drehfeld präzise, zumindest solange die Drehzahl nicht zu hoch ist und die Last das vom Motor abgegebene Moment nicht überschreitet. Fall das passiert, kommt der Motor aus dem Tritt und verliert Schritte. Und genau davor haben viele Entwickler in industriellen Anwendungen Angst: Was, wenn die Mechanik mit der Zeit schwergängiger wird? Was passiert, wenn der Schrittverlust nicht erkannt wird? Welche Folgefehler können auftreten? Oft wurde dann in der Vergangenheit zu deutlich teureren Servomotoren gegriffen (Anmerkung: Mit Servomotor sind i.A. Synchronmotoren gemeint, die mit mehreren hundert Volt Zwischenkreisspannung betrieben werden).

Inzwischen sind Schrittmotoren mit Encodern, also optischen Drehgeber, günstig und in großer Typenvielfalt erhältlich. Damit wird es möglich, Schrittverluste zu erkennen und den Antrieb entsprechend nachzuführen. Geht man noch einen Schritt weiter, kann ein Schrittmotor wie ein Servomotor betrieben werden, d.h. mit feldorientier Regelung. Der wesentliche Unterschied zum „überwachten“ Schrittmotorbetrieb (manchmal von den Herstellern auch als „semi closed loop“ bezeichnet), liegt in der Ansteuerung der Wicklungen. Ein Servomotor wird vom Regler nur mit so viel Strom beaufschlagt, wie zum Ausgleich der Regelabweichung erforderlich ist. Ein normaler Schrittmotortreiber steuert die Spule hingegen ständig mit vollem Nennstrom an. Die feldorientierte Regelung ist also deutlich energieeffizienter. Hinzu kommt, dass der Regler ständig einen Winkel von 90° elektrisch zwischen Rotor und Drehfeld aufrecht erhält, so dass das maximal mögliche Drehmoment erzeugt wird.

Auf der anderen Seite muss der Anwender aber bei der Inbetriebnahme den Regler geeignet parametrieren. Gute Lösungen bieten hier durch (mehr oder weniger) intelligente, automatische Funktionen zur Regler-Parametrierung Unterstützung an. Letztlich obliegt es aber dem Anwender, für die jeweilige Applikation, d.h. entsprechend der mechanischen Steifigkeit des Systems und der anzutreibenden Last, die geeigneten Regler-Einstellungen zu finden. Ein System mit reiner Positionsüberwachung ist dementsprechend einfacher in der Handhabung, nutzt aber die Vorteile der Positionsrückführung nur teilweise aus.

Schrittmotor (Typ PK266) mit rückseitig angeflanschtem Encoder

Schrittmotor (Typ PK266) mit rückseitig angeflanschtem Encoder (Quelle: Oriental Motor, Gesammtkatalog PK2-Serie, 2009)

Auch BLDC-Motoren (auch EC- oder bürstenlose Motoren genannt), sind heute preiswert und in vielen Versionen erhältlich. Für sie gilt in Hinblick auf Effizienz und Inbetriebnahme Aufwand das gleiche wie für Schrittmotoren im Servo-Betrieb. Welcher Motortyp am besten geeignet ist, ist von der Anwendung abhängig. Schrittmotoren bieten, ähnlich wie Torquemotoren, den Vorteil, dass sie bei niedrigen Drehzahlen ein verhältnismäßig hohes Drehmoment liefern. Nachteilig ist unter Umständen das ausgeprägte Rastmoment, was aber auch genutzt werden kann, um die Last bei abgeschaltetem Antrieb in Position zu halten. BLDC-Motoren hingegen schaffen aufgrund der niedrigeren Polpaarzahl deutlich höhere Drehzahlen, liefern aber wenig Drehmoment. Wenn also hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen gefordert ist, ist der Schrittmotor auch für Servo-Anwendungen die richtige Wahl und kann sogar ein Getriebe überflüssig machen, dass bei Einsatz eines BLDC-Motors erforderlich wäre. Voraussetzung ist ein geeignetes Leistungsteil mit guter Benutzerführung bei der Inbetriebnahme von Antrieb und Regelung und zumindest regelungstechnische Grundkenntnisse beim Anwender.

Stromregelung von Schrittmotoren – Auf das Abschalten kommt es an

Sonntag, Mai 15th, 2011

Bei der Ansteuerung von Schrittmotoren haben sich schon längst Treiber mit Konstantstromregelung durchgesetzt. Ansteuerungen mit Konstantspannung findet man nur noch vereinzelt, z.B. bei Zeigerinstrumenten im Automobil, siehe vorletzter Beitrag. Entscheidend für die Performance einer Schrittmotor-Endstufe mit Konstantspannungsregelung ist, neben der Höhe der Versorgungsspannung und dem Wicklungsstrom vor allem die Phase, in der der Strom in der Wicklung wieder abgebaut wird. Die unterschiedlichen Verfahren erläutert der folgende Beitrag.

Induktivitäten versuchen, aufgrund der in ihnen gespeicherten Energie, nach dem Abschalten der Spannung den durch sie fließenden Strom aufrecht zu erhalten. Je nach dem, wie die Wicklung abgeschaltet wird, wird der Strom schneller oder langsamer abgebaut. Davon hängt letztlich auch ab, wie schnell der Strom in die Gegenrichtung aufgebaut werden kann, wenn der Schrittmotor schnell läuft und die Wicklungen oft umgepolt werden. Beim slow decay erfolgt der Stromabbau langsam, was bei hohen Drehzahlen (d.h. häufigem Umgepolen) dazu führen kann, dass der Strom nicht schnell genug abgebaut werden kann. Insbesondere im Mikroschritt ergibt sich dann eine deutliche Abweichung von der gewünschten, sinusähnlichen Stromkurve, die auch zu hörbaren Geräuschen durch Schwankungen im Drehmoment führen kann.

Stromverlauf bei slow decay Stromregelung

Stromverlauf bei slow decay Stromregelung (Quelle: „A new microstepping motor driver IC“, Kongress-Paper über den A3977 zur PCIM 2001, Allegro Micro).

Beim „slow decay„, also dem langsamen Abklingen des Stromes, wird die Wicklung zunächst (während der deadtime) über die Dioden der Vollbrücke kurzgeschlossen, bevor einer oder beide unteren FETs bzw. Transistoren der Brücke eingeschaltet werden (prinzipiell können alternativ auch die oberen FETs eingeschaltet werden).  Man kann die beiden FETs gedanklich auch gegen 2 Widerstände ersetzen, die mit der Motorwicklung in Reihe geschaltet werden. Die Phase zwischen dem Ein-Zustand und dem Kurzschließen der Wicklung (Deadtime bzw. Totzeit) wird durch die Dioden überbrückt. Bei FETs wird diese Aufgabe automatisch von den internen Body-Dioden übernommen, bei Transistorbrücken müssen unbedingt schnelle externe Dioden verwendet werden. Wird anschließend nur ein FET eingeschaltet (Q4 im Bild), läuft der Strom auf der Gegenseite über die Diode. Da der Spannungsabfall über den Dioden meist größer ist als der in den FETs, schalten moderne Treiber meist beide FETs ein. Das Verfahren wird auch „synchronous rectification“ oder „synchronous decay“ genannt. Das folgende Bild zeigt die sich ergebenden Strompfade.

Strompfade bei slow-decay Stromregelung

Strompfade in einer FET-Brücke bei slow-decay Stromregelung

Deutlich schneller geht der Stromabbau beim „fast decay„, also dem schnellen Abklingen des Stromes. Nach der deadtime wird die Wicklung durch Umpolen kurzgeschlossen, bis der Strom auf Null abgeklungen ist. Auch hier kann der Kurzschluss entweder über die Dioden oder über gezieltes Schalten der FETs erfolgen. Dabei wird die in der Wicklung gespeicherte Energie in die Versorgung zurück gespeist, was zwar die Verluste mindert, aber auch zu einem höheren Ripple im Strom und in der Versorgungsspannung führt. Außerdem kann der schnelle Stromabbau dazu führen, dass bei niedrigen Drehzahlen der Mittelwert des Wicklungsstromes deutlich kleiner ist als eigentlich vorgesehen.

Strompfade bei fast-decay Stromregelung

Strompfade in einer FET-Brücke bei fast-decay Stromregelung

Im „mixed decay“ werden die Vorteile beider Verfahren vereint. Der Strom wird zunächst bis zu einer (meist in mehreren Stufen einstellbaren) Schwelle per fast decay abgebaut, bevor auf slow decay umgeschaltet wird. Zusätzlich wird in Phasen, in denen der Strom aufgebaut werden soll (also vom Nulldurchgang bis zum max. Phasenstrom) nur mit slow decay gearbeitet, wärend im 2. Teil der Halbwelle mit mixed decay gearbeitet wird. Das folgende Bild veranschaulicht die unterschiedlichen Phasen am Beispiel des A3977 im 1/8 Schritt Mikroschritt.

Phasenstrom mixed decay

Phasenstrom bei mixed decay Stromregelung, Unterteilung in Phasen des Stromauf- und -abbaus (Quelle: Datenblatt A3977, Allegro Micro).

Der unterschiedliche Verlauf des Motorstroms sieht dann in den mixed decay Phasen wie folgt dargestellt aus:

Stromverlauf mixed decay

Stromverlauf mixed decay (Quelle: „A new microstepping motor driver IC“, Kongress-Paper über den A3977 zur PCIM 2001, Allegro Micro).

Weitere Literatur zum Thema: „Current Recirculation and Decay Modes“, Application Report SLVA321–March 2009, Texas Instruments

Übersicht über gängige integrierte Schrittmotor-Treiber

Mittwoch, April 27th, 2011

Soll für eine Anwendung eine neue Schrittmotor-Steuerung entwickelt werden, geht die Suche nach den geeigneten Treiber-Bausteinen los. Neben den „alten Bekannten“ wie z.B. L293D, L297/L298 oder PBL3717A gibt es heute eine interessante Auswahl an voll integrierten Lösungen mit Mikroschritt und vielen weiteren interessanten Funktionen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die bekanntesten ICs und deren wichtigeste Eigenschaften. Nicht zu allen Bauteilen sind über die Hersteller Demo-Boards erhältlich. Daher sind, soweit bekannt, exemplarisch einige Produkte aufgeführt, in denen die genannten ICs enthalten sind. Um die Darstellung übersichtlich zu halten, sind nur die Basisdaten genannt. Eine umfangreichere Darstellung steht zum Download zur Verfügung.

 

 

 

 

 

Bauteil Hersteller max.
Mikrostep
Nennstrom Spannung I/O Anmerkungen
Produkte
Amis30624 On Semi 0,57A 7-29V I²C int. Motioncontroller
Amis30522 On Semi 1/32 1,5A 6-30V Takt-/Dir,
SPI f. Konfig.
mit Stalldetection
A3959
(=IMT-903)
Allegro Micro beliebig 3,0A 10-50V Takt/Dir Slider SFX,
SMCI33
A3977
A3979
Allegro Micro 1/8 / 1/16 2,5A 8-35V Takt/Dir Tiny-Step II
A3986 Allegro Micro 1/16 >5,0A 12-50V Takt-/Dir HEM-545,
SMCI47-S
LMD18245 National Semi beliebig 3,0A 12-55V Brake/Dir
L293 ST 1,0A 5-36V parallel, incl. Enable
L297 ST Voll/Halb Takt/Dir f. externe H-Brücken
3D-Step
L298 ST 2,0A 8-46V parallel, incl. Enable 3D-Step
L6506 ST beliebig Takt/Dir f. externe H-Brücken
HP-Step.pro
L6201/L6202
L6203
ST 1,5A/4,0A 12-48V parallel, incl. Enable HP-Step.pro
L6208 ST Voll/Halb 2,8A 12-52V Takt/Dir µStep m. ext. DAC
L6219 ST 1/4 0,75A 10-46V Phase/Current µStep m. ext. DAC
PBL3717A ST, Ericsson 1/4 1,0A 10-46V Phase/Current µStep m. ext. DAC
PBL3770A
UC3770A
Ericsson, TI Voll/Halb 1,5A 10-40V Phase/Current
TA8435H
(=IMT-901)
Toshiba 1/8 1,5A 24V Takt/Dir Step3N (Fa. Lewetz)
TB62201
(=IMT-902)
Toshiba 1/16 1,2A 20-34V parallel, incl. Enable
TB6560A Toshiba 1/16 3,0A 5-34V Takt/Dir Imax f. HQFP: 1,5A
TMC236
TMC246
Trinamic 1/16 1,5A 7-34V SPI (12-bit) TMC246 m. Stalldetection
TMC239
TMC249
Trinamic 1/16 >4,0 7-34V SPI (12-bit) TMC249 m. Stalldetection
TMC261
TMC262
Trinamic 1/256 1,2A/>5,0A 9-59V Takt/Dir,
SPI f. Konfig.
lastabhängiger Strom

schrittmotortreiber.pdf