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Einschwingverhalten von Schrittmotoren

Dienstag, Juli 9th, 2013

Um Schrittmotoren in der Anwendung besser verstehen und beurteilen zu können ist es hilfreich, zunächst das Verhalten des Motors bei einem einzelnen Schritt zu betrachten. Auf dieser Basis lassen sich viele Dinge wie z.B. die Vorteile von Halb- und Mikroschritt sowie die Bedeutung der Last und ihrer Ankopplung an den Motor besser nachvollziehen.

Für die in diesem Beitrag behandelten Messungen wurde zur Erfassung der Rotorbewegung ein Encoder mit 5.000 Strichen und TTL-Ausgang verwendet. Mit Hilfe der 4-fach Flankenauswertung lässt sich die Bewegung auf 20.000 Pulse/U auflösen. Bei einem normalen Schrittmotor mit 200 Vollschritten/U entspricht das 100 Pulsen pro Vollschritt.

Der Encoder wurde über eine drehsteife Elastomer-Kupplung direkt an den Motor angekoppelt. Als Testmotor wurde ein Oriental Motor Typ PK268-E2.0B in paralleler Beschaltung eingesetzt. Auf der B-Welle war ein Dämpfer Typ D6CL-6.3F (Massenträgheit J_Dämpfer=18,5*10-6 kg*m², J_Motor=48*10-6 kg*m²) montiert.

Testaufbau, Schrittmotor mit Encoder

Schrittmotor PK268-E2.0B mit Encoder und Dämpfer

Angesteuert wurde der Motor über eine 3-Achs Endstufe „3D-Step“ mit der klassischen L297/L298 Treiber-Kombination bei 2,0A(effektiv), also etwas unterhalb des Nennstroms von 2,8A. Die Erfassung der Encoder-Signale erfolgte über eine Beckhoff-SPS mit einer Taktrate von 2ms.

Bei einem Vollschritt sollte der Motor einen Winkel von 1,8° weiterschalten. Eine erste Messung zeigt, dass der Motor trotz der Belastung durch den Dämpfer und den Encoder dabei deutliche Schwingungen ausfürt. Der Rotor schwingt bis fast 2,8° über und pendelt auf 1,5° zurück, bevor die Schwingung langsam abklingt und nach ca. 10ms in einem Toleranzband von +/- 0,2° ausklingt.

Messergebnis Vollschritt mit Dämpfer

Vollschritt mit Dämpfer

Noch deutlich schlimmer sieht es aus, wenn man den Dämpfer von der B-Welle des Motors entfernt. Das Überschwingen ist mit max. 3,0° von der Amplitude her zwar nur unwesentlich stärker, jedoch lässt sich deutlich erkennen, dass die Dämpfung stark reduziert wird. Es dauert jetzt ca. 25ms, bis der Rotor im selben Toleranzband bleibt wie dies beim ersten Versuch bereits nach 10ms der Fall war.

Messergebnis für Vollschritt ohne Dämpfer

Vollschritt ohne Dämpfer

Nach Umschalten der Endstufe in den (stromkompensierten) Halbschritt und erneuter Montage des Dämpfers ergibt der nächste Versuch die folgende Sprungantwort. Zu beachten ist hier, dass der Motor nach einem Halbschritt im Vergleich zu den vorherigen Versuchen nur den halben Winkel, also 0,9° zurück gelegt hat. Die Schwingung reicht hier von ca. 1,15 bis zurück nach 0,7° und erreicht bereits nach einer Schwingung ein Toleranzband von +/-0,1°. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde der Maßstab des Graphen unverändert beibehalten.

Messergebnis für Halbschritt mit Dämpfer

Halbschritt mit Dämpfer

Beim Übergang zu einer kontinuierlichen Drehbewegung wird der Rotor je nach Drehzahl weitergeschaltet, bevor die durch einen einzelnen Schritt angeregte Schwingung vollständig abgeklungen ist. Das zeigt auch die folgende Messung bei ca. 42Hz Halbschritt. Trotzdem führen insbesondere der erste Überschwinger und die stufenweise Bewegung im unteren Drehzahlbereich zu unangenehmen Betriebsgeräuschen.

Messergebnis für eine kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

Kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

In der Anwendung treibt der Motor eine mehr oder weniger steif angekoppelte Last an. Es ist angesichts dieser Messungen leicht nachvollziehbar, dass der Motor mit seiner Schwingneigung leicht Resonanzstellen in der Mechanik anregen kann.

Die Amplitude des Überschwingens hängt direkt mit dem Drehmoment und damit mit dem Motorstrom zusammen. In diesem Versuch wurde der Motor bereits ca. 30% unterhalb seines Nennstroms betrieben. Bei Nennstrom ist also eine noch stärkere Schwingung zu erwarten. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Absenkung des Motorstroms –sofern in der Anwendung entsprechende Drehmomentreseven vorhanden sind- zu einer Reduktion von Schwingungen führen wird.

Wie der Gegenversuch mit dem Dämpfer zeigt, hilft eine steif angekoppelte Last, das Gesamtsystem zu bedämpfen. Auch die Auswahl einer geeigneten Kupplung sowie eine stabile Lastmechanik (geringe Schwingungsneigung) sind Hilfen, um Resonanzprobleme zu vermeiden. Einen deutlichen Vorteil bietet vor allem der Wechsel zum Halbschritt-Modus. Bei Einsatz einer Endstufe mit Drehmoment-Kompensation (also der Erhöhung des Phasenstroms in den Halbschrittpositionen) entsteht durch den Einsatz von Halbschritt kein nennenswerter Drehmomentverlust. Daher und wegen der erhöhten Schwingungsneigung im Vollschritt rate ich grundsätzlich von der Verwendung des Vollschrittbetriebs ab.

Eine weitere Optimierung besteht im Einsatz von Steuerungen mit Mikroschritt und ggf. der Möglichkeit, das beim Schrittmotor besonders ausgeprägte Rastmoment zu kompensieren. Diesem Thema werde ich demnächst einen eigenen Beitrag widmen.

Linearaktuator – der Schrittmotor für lineare Bewegungen

Dienstag, August 21st, 2012

Die meisten Schrittmotoren werden für lineare Verstellbewegungen eingesetzt. Über Zahnriemen oder Gewindespindeln wird die rotatorische Bewegung des Motors in eine translatorische Bewegung der Last umgesetzt. Insbesondere bei relativ kurzen Hüben bietet es sich an, diese Bewegungsumwandlung direkt in den Motor zu integrieren und damit eine Reihe von mechanischen Bauteilen einzusparen. Ergebnis dieser Überlegungen ist der sogenannte Linearaktuator. Er basiert in der Regel auf einem normalen Schrittmotor, dessen Rotor mit einer Hohlwelle ausgestattet ist. Teil dieser Hohlwelle ist die Spindelmutter. Linearaktuatoren sind sowohl auf Basis von billigen Dosenmotoren (CAN-Stack), als auch auf Basis von Hybridschrittmotoren erhältlich.

Zu der Mutter im Rotor wird eine Spindel benötigt. Um eine Linearbewegung erzeugen zu können, muss eine Drehung der Spindel verhindert werden. Hier werden verschiedene Lösungsansätze unterschieden:

– Ohne Verdrehsicherung („non captive“). Die Verdrehsicherung muss durch die Anschlusskonstruktion realisiert werden. Da die Spindel nicht dreht, ist die Anwendung nicht durch die biegekritische Drehzahl limitiert. Je nach Spindellänge können auch mehrere Motoren auf einer Spindel verfahren werden.
– Externe Spindelmutter. Bei dieser Ausführung rotiert die am Schrittmotor fixierte Spindel, die Linearbewegung erfolgt durch die Mutter entlang der Spindel. Der Aufbau entspricht somit am ehesten der klassischen Anwendung mit Motor, Kupplung, Spindel und Mutter. Hier entfallen jedoch die separate Spindellagerung und die Kupplung.
– Mit Verdrehsicherung („captive“). Hier ist die Verdrehsicherung bereits integriert, wodurch sich die Länge des Motorgehäuses deutlich vergrößert. Diese Ausführung ist meist in gestuften Hublängen erhältlich, wobei der Hub typisch unter 100mm liegt.

Aktuator mit externer Mutter

Bild: Linearaktuator mit externer Spindelmutter, hier als kundenspezifische Sonderausführung.

Als Spindeln können sowohl Trapez- sowie Feingewinde und Kugelgewindetriebe zum Einsatz kommen. Je nach Wahl der Spindelsteigung ergeben sich unterschiedliche Auflösungen. Bei kleinen Spindelsteigungen kann der Antrieb auch selbsthemmend sein, was eine Bremse überflüssig macht. Zu beachten ist die maximale Belastbarkeit der Motorlager (Katalogangabe), da diese (anders als bei klassischen Schrittmotoren mit separatem Spindeltrieb) den externen Vorschubkräften standhalten müssen. Insbesondere bei niedrigen Spindelsteigungen definieren die Motorlager die Grenze der Vorschubkraft.

Linearaktuator mit Verdrehsicherung

Bild: Schnittmodell eines Linearaktuators mit integrierter Verdrehsicherung („captive“). Schön zu sehen die Ausführung der Polkappen im Rotor, Nord und Südpole um eine halbe Polteilung versetzt. Vielen Dank an Herrn Spyra von A-drive für die Erlaubnis sein Muster abzulichten.

Linearaktuatoren werden nur von wenigen Herstellern angeboten und sind aufgrund der hohen Funktionsdichte meist nicht 1:1 mit Produkten anderer Hersteller austauschbar, insbesondere die „captive“ Ausführungen mit Verdrehsicherung. Als Optionen sind z.T. Drehgeber (Encoder) oder integrierte Endschalter erhältlich.

Sind hohe Geschwindigkeiten bei kurzem Hub aber vergleichsweise geringer Auflösung gefragt, können klassische Schrittmotoren mit einfachen mechanischen Umwandlungsprinzipien eine Alternative sein. Denkbar sind z.B. ein Kurbeltrieb oder eine Betätigung über Nocken, wobei hier auch Rückstellfedern einsetzbar sind, wenn die Last z.B. nach untern gegen die Gewichtskraft zu betätigen ist. Zu beachten ist allerdings, das bei diesen Antriebsprinzipien kein linearer Zusammenhang mehr zwischen Drehwinkel und Vorschub besteht, so dass bei konstanter Motordrehzahl die Vorschubgeschwindigkeit variiert.

Welche Lösung am besten geeignet ist, ist von Anwendung zu Anwendung verschieden. Die Entscheidung kann sowohl von Kostengesichtspunkten als auch von räumlichen Begrenzungen getrieben sein. Es lohnt sich aber immer, verschiedene Konzepte zu vergleichen…

Anwendungsmöglichkeiten für Schrittmotoren in der Produktions- und Automatisierungstechnik

Freitag, August 19th, 2011

Durch Auswahl der für die Anwendung optimalen Schrittmotor-Steuerung lassen sich Schrittmotore deutlich schneller und einfacher in die verschiedensten Anwendungen integrieren. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und nennt einige Anwendungsbeispiele von der animierten Produktfotografie bis hin zu Drosselklappensteuerungen oder Wickeleinrichtungen.

Schrittmotoren als Ersatz für langsam laufenden Gleichstrom-Getriebemotoren

In vielen Anwendungen werden Antriebe benötigt, die lediglich eine konstante und oft niedrige Drehzahl bereitstellen müssen. Beispiele sind Antriebe für Zuführeinheiten, Band- oder Kettenantriebe für den Produkttransport, Stationen zum Einschleusen von Bauteilen in Montageprozesse usw. Aufgrund der niedrigen Drehzahlen werden hierfür oft Getriebemotoren eingesetzt, vielfach noch mit bürstenbehafteten Gleichstrommotoren. Aufgrund ihrer hohen Polpaarzahl und des vergleichsweise hohen Drehmomentes bieten sich Schrittmotoren als alternative Antriebsform an. Die Vorteile liegen auf der Hand: Besseres Störverhalten (EMC) durch Entfall des Bürstenfeuers und vor allem deutlich niedrigere Ausfallraten, da die verschleißanfälligen Komponenten Getriebe und Bürsten entfallen. Durch den Wegfall des Getriebes ist die Lösung mit Schrittmotor zudem oft auch preiswerter. Dank moderner Ansteuerverfahren mit Mikroschritt stehen Schrittmotoren anderen Antrieben in Hinblick auf das Geräuschverhalten in nichts nach.

Für den einfachen Einsatz in der Anwendung muss allerdings ein Taktsignal für die Schrittmotorsteuerung bereits gestellt werden. Auf Basis des Timer-ICs NE555 kann mit wenigen Bauteilen eine Schaltung aufgebaut werden, die ein über Spindeltrimmer einstellbares Taktsignal erzeugt. Das Bild zeigt den Schaltplan mit dem NE555 in der Grundschaltung als so genannter Multivibrator. Über den Spindeltrimmer kann die Frequenz innerhalb von mindestens einer Dekade verstellt werden. Durch Variation des Kondensators (z.B. Weglassen von C2) kann der Frequenzbereich zusätzlich variiert werden. Eine entsprechende Leerplatine ist über mechapro.de erhältlich. Die gleiche Grundschaltung wurde in der Schrittmotor-Endstufe Tinystep II verwendet (nur in den Ausführungen „plus“ und „Tragschienen-Gehäuse“. Andere Motortreiber enthalten einen Mikrocontroller, der die Ansteuerung der Endstufe übernimmt. Ist ein Controller vorhanden, bietet es sich natürlich an, diesen auch für die Takterzeugung zu verwenden. Die Treiber der DS10-Reihe von LAM bieten so die Möglichkeit, über I/O zwei parametrierbare Frequenzen auszuwählen.

Beschaltung des NE555 als Multivibrator zur Takterzeugung

Bei größeren bewegten Massen oder Bewegungen mit höheren Drehzahlen benötigen Schrittmotoren eine Anlauframpe. Neben umfangreich programmierbaren Treibern (wie z.B. der DS30-Serie von LAM) gibt es Lösungen mit analoger Sollwertvorgabe für die Drehzahl. So kann eine übergeordnete Steuerung direkten Einfluss auf die Drehzahl des Schrittmotors nehmen, ohne Frequenzen bis in den zweistelligen kHz-Bereich erzeugen zu müssen. Die bietet einen Eingang für +/-10V, mit dem die Drehzahl bis 5U/s eingestellt werden kann. Neben den zuvor genannten Anwendungen können Schrittmotoren so auch für Registerregelungen, Wickelvorrichtungen usw. eingesetzt werden.

Vielfältige Möglichkeiten mit frei programmierbaren Schrittmotorsteuerungen

Frei programmierbare Treiber wie die DS30-Serie von LAM ermöglichen den Einsatz von Schrittmotoren für vielfältige Anwendungen, ohne das eine permanente PC-Verbindung oder eine komplexe SPS erforderlich wären. Digitale und analoge Ein- und Ausgänge synchronisieren das interne Programm mit dem Verhalten der Anlage. Um z.B. eine Drosselklappenverstellung abhängig von einem analogen Sollwert zu realisieren, wird in der Steuerung der Wert des analogen Eingangs mit der Sollposition des Antriebs verknüpft. Beim Einsatz in Wickelvorrichtungen kann der Analogwert hingegen zur Anpassung der Geschwindigkeit des Wicklers eingesetzt werden. Zur Steuerung von Drehtellern für die Produktfotografie können z.B. feste Wegstrecken eingestellt werden, die dann entweder über einen Eingang oder voll automatisch ausgelöst werden können. Durch den Einsatz von Wartezeiten und eines Ausgangssignals kann ggf. sogar die Ansteuerung der Kamera integriert werden, so dass nach Ablauf eines Fotoshootings nur noch die Bilder von der Kamera auf einen PC übertragen werden können. Noch komfortabler geht es nur noch durch den Einsatz eines USB-Controllers und einer auf die Anwendung abgestimmten PC-Software…

Falls eine Referenzfahrt oder ein Freigabesignal erforderlich ist, kann dies problemlos über die digitalen Eingänge gelöst werden, während die digitalen Ausgänge z.B. Fehlerzustände, Bereitsignale u.ä. signalisieren können. Zusätzlich steht ein analoger Ausgang zur Verfügung, mit dem z.B. die aktuelle Geschwindigkeit des Motors ausgegeben werden kann. Für alle Eingangswerte und die internen Variablen stehen mathematische Funktionen zur Verfügung, so dass auch komplette Regler realisiert werden können.

Abseits von reinen Schrittmotor-Endstufen mit Takt-/Richtungssignalen erschließen Schrittmotor-Steuerungen mit Zusatzfunktionen ein breites Anwendungsfeld. Ich hoffe, ich konnte Sie mit den vorgestellten Beispielen inspirieren und würde mich über Ergänzungen aus Ihrer beruflichen Praxis freuen.

Die Bedeutung des Lastwinkels bei Schrittmotoren

Montag, April 18th, 2011

Für verschiedene Betrachtungen rund um den Schrittmotor (z.B. Leistungsbilanz, Wirkungsgrad, sensorlose Regelung) ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen dem durch die Schrittmotor-Endstufe vorgegebenen Drehfeld und der aktuellen Rotorposition zu kennen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich daher mit dem Lastwinkel und den damit verbundenen Konsequenzen für die Anwendung von Schrittmotoren.

Schrittmotoren werden klassischer weise gesteuert betrieben („open loop“),weil hierfür kein Drehgeber benötigt wird und keine Reglerinbetriebnahme erforderlich ist. Oftmals wird dabei davon ausgegangen, dass der Schrittmotor, so lange sein jeweiliges Drehmoment nicht überschritten wird, exakt dem vorgegebenen Drehfeld folgt und seine Rotorpsoition somit genau bekannt ist. Auf den ersten Blick ist diese Annahme auch richtig. Schrittmotoren sind Synchronmaschinen, die dem vorgegebenen Drehfeld ohne Schlupf folgen. Trotzdem gibt es zwischen der Drehung des elektrischen Feldes und der mechanischen Rotordrehung eine Abweichung, die man „Lastwinkel“ δ nennt.

Weiterhin wird oftmals unterstellt, ein Schrittmotor würde immer, wenn seine Wicklungen bestromt sind, ein Drehmoment abgeben. Tatsächlich kann das aber physikalisch garnicht sein, da ein Motormoment ohne entgegenwirkendes Lastmoment eine Beschleunigung des Rotors zur Folge hätte. Deswegen wird begrifflich zwischen Haltemoment und Drehmoment unterschieden. Das Drehmoment ist letztlich das im jeweiligen Betriebspunkt vom Motor erzeugte Moment. Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien geben dabei die Obergrenzen abhängig von verschiedenen technischen Randbedinungen (Beschaltung der Wicklung, Versorgungsspannung, Phasenstrom, ggf.  bei der Messung verwendete Dämpferelemente oder Lastträgheiten) über der Drehzahl an. Das Haltemoment gibt das maximale Moment an, dem der Rotor im Stand genügend Drehmoment entgegensetzen kann, ohne das er aus seiner Position ausrastet. Das folgende Bild veranschaulicht diesen Zusammenhang.

Drehmoment eines Schrittmotors abhängig von der Rotorauslenkung durch externe Belastung.

Ohne Einwirkung durch ein externes Moments befindet sich der Schrittmotor in der Vollschrittposition Null, der Lastwinkel δ ist also ebenfalls Null. Mit steigendem Lastmoment entwickelt der Motor, ähnlich wie eine Feder, ein steigendes Drehmoment. Bei Erreichen des Kippunktes wird der Rotor instabil und springt, da das Drehmoment im weiteren Verlauf abfällt, bis in die nächste stabile Position (+4 Vollschritte). Steht das Lastmoment weiterhin an, verliert der Motor weitere Schritte.

Das bedeutet für die Anwendung von Schrittmotoren:

  • Ohne Last stimmt die Position von Rotor (mechanisches Drehfeld) und elektrischem Feld überein (sofern man Reibungseffekte vernachlässigt).
  • Ein Schrittmotor liefert nur unter Last ein Drehmoment.
  • Ein gesteuert betriebener Schrittmotor ist mit einer Feder vergleichbar. Die „Federrate“ kann über den Wicklungsstrom beeinflusst werden.
  • Es gibt einen lastabhängigen Positionsfehler, der bis zu einem Vollschritt betragen kann.
  • Der Einsatz von Treibern mit Mikroschritt erhöht die Genauigkeit nicht, da sich der Zusammenhang zwischen Moment und Lastwinkel nicht ändert.

Für Anwendungen mit hohen Genauigkeitsanforderungen ist daher zu prüfen, ob der Einsatz von hochauflösenden Motoren (2-Phasen Motoren mit 0,9° Vollschrittwinkel oder 3-Phasen Motoren) oder spielfreien Getrieben sinnvoll ist. Alternativ ist es auch denkbar, den Motor deutlich überzudimensionieren, um eine geringere Auslenkung unter Last zu erreichen.