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Vorteile eines Lagereglers im Antrieb statt in der NC/PLC

Freitag, April 25th, 2014

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Regelungsoptimierung von Synchron-Servomotoren und ist damit ein Kontrastpunkt zu meinem Schwerpunktthema Schrittmotoren.

Ausgangslage:
Betrachtet wird eine vertikale Achse eines Handlings-Systems, welche reine Punkt-zu-Punkt Bewegungen ausführt, also während der Verfahr Bewegung keine Bahn einhalten muss. Der Antrieb besteht aus einem Beckhoff AM8023-E021 Servomotor mit Bremse und Sigleturn-Geber mit OCT (One Cable Technology, dabei wird der Geberistwert mittels Hyperface über die Leitungen des Temperaturgebers im Motorkabel übertragen). Die Bewegung wird über ein Getriebe auf eine Kugelrollspindel übertragen. Angesteuert wird der Motor über eine AX5203.

Servoregler-Familie AX5000

Servoregler-Familie AX5000 (Quelle: Beckhoff Automation)

Die Regler der AX5000 Familie von Beckhoff werden über TwinCAT an die übergeordnete Steuerung (SPS bzw. PLC) angebunden. Dort werden sie von der Beckhoff NC angesprochen, welche über die Datenstrukturen NC2PLC und PLC2NC wiederum eine Schnittstelle zum eigentlichen SPS-Programm bietet. Die Servoregler arbeiten mit dem Sercos over EtherCAT (SoE) Protokoll, d.h. das Übertragungsmedium ist EtherCAT, die eigentlichen Antriebsfunktionen (Parameternummerierung, Zustandsmaschine) entsprechen aber denen bei Sercos-Antrieben.

Standardmäßig werden die Servoregler dabei so parametriert, dass Drehzahl- und Stromregler im Antrieb geschlossen werden, während der Lageregler in der NC geschlossen wird. Obwohl TwinCAT kurze Buszykluszeiten ermöglicht, stellt die Übertragung von Soll- und Istwerten über den Bus eine zusätzliche Verzögerung für den Regler dar, die einen deutlichen Einfluss auf dessen dynamisches Verhalten haben kann, wie das folgende Beispiel zeigt.

In der Standardeinstellung (Lageregler in der NC geschlossen) war ein Kv-Faktor von 5 s-1 eingestellt. Der max. Schleppfehler während der Verfahr Bewegung beträgt dabei ca. 75µm. Nach dem Ende der Bewegung (SETVELO=0) dauert es 344ms, bis der Schleppfehler unter 10µs fällt.

Lageregelung in der NC. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Per Cursor markiert: Zeit vom Ende der Bewegung bis zum Erreichen einer Lageabweichung <10µm.

Lageregelung in der NC. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Per Cursor markiert: Zeit vom Ende der Bewegung bis zum Erreichen einer Lageabweichung <10µm.

Nach dem der Lageregler im Antrieb geschlossen wurde, konnte der Kv-Faktor ohne weiteres auf 7,5 s-1 erhört werden. Der Schleppfehler reduzierte sich für das gleiche Verfahr Profil wie zuvor auf 0,5µm. Selbst bei Fahrt mit annähernd maximaler Geschwindigkeit (50mm/s am Abtrieb) bleibt der Schleppfehler bei max. 2µm.

Lageregler im Antrieb geschlossen. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler.

Lageregler im Antrieb geschlossen. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Abweichende Skalierung vom Schleppfehler beachten!

Um den Lageregler in der AX5000 verwenden zu können, sind folgende Einstellungen erforderlich:
IDN-Parameter S-0-0-0032 in der Startup-Liste von 2 (velo control) auf 11 oder 12 (pos ctrl Feedback 1/2 lag less) umstellen. Die Einstellung „lag less“ sorgt durch eine Drehzahlvorsteuerung für minimalen Schleppfehler während der Bewegung.

Anpassen der Standardbetriebsart in der Startup-Liste

Anpassen der Standardbetriebsart in der Startup-Liste

In den Kanaleinstellungen unter Process Data / Operation Mode das Prozessabbild wie folgt anpassen. MDT: S-0-0036 „Velocity command value“ entfernen, statt dessen S-0-0047 „Position command value“ neu einfügen. AT: S-0-0189 „Following distance“ einfügen. Der Schleppfehler wird zusätzlich in die NC verknüpft, um den Schleppfehler dort ohne Totzeit anzeigen zu können. Ansonsten würde die Berechnung aus Sollposition(n) – Istposition(n-1) berechnet (n, n-1: diskrete Zeitpunkte).
Ggf. bereits vorhandene Verlinkungen in die NC löschen und Achsen neu verlinken.

Anpassen des Prozessabbildes im Beckhoff Drivemanager

Anpassen des Prozessabbildes im Beckhoff Drivemanager

Zusammenfassung:
Die Verlagerung des Lagereglers von der NC in den Antrieb ermöglicht den Betrieb mit deutlich reduzierten Regelabweichungen und schnelleren Ansprechzeiten des Antriebs. Ermöglicht wird dies durch den Entfall der Buslatenzen sowie durch den höheren Lagereglertakt im Antrieb (typisch 8kHz statt 1kHz in der NC). Ein weiterer Vorteil ist die Entlastung der CPU in der SPS durch den Entfall der Regelung dort.

Anwendungsmöglichkeiten für Schrittmotoren in der Produktions- und Automatisierungstechnik

Freitag, August 19th, 2011

Durch Auswahl der für die Anwendung optimalen Schrittmotor-Steuerung lassen sich Schrittmotore deutlich schneller und einfacher in die verschiedensten Anwendungen integrieren. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und nennt einige Anwendungsbeispiele von der animierten Produktfotografie bis hin zu Drosselklappensteuerungen oder Wickeleinrichtungen.

Schrittmotoren als Ersatz für langsam laufenden Gleichstrom-Getriebemotoren

In vielen Anwendungen werden Antriebe benötigt, die lediglich eine konstante und oft niedrige Drehzahl bereitstellen müssen. Beispiele sind Antriebe für Zuführeinheiten, Band- oder Kettenantriebe für den Produkttransport, Stationen zum Einschleusen von Bauteilen in Montageprozesse usw. Aufgrund der niedrigen Drehzahlen werden hierfür oft Getriebemotoren eingesetzt, vielfach noch mit bürstenbehafteten Gleichstrommotoren. Aufgrund ihrer hohen Polpaarzahl und des vergleichsweise hohen Drehmomentes bieten sich Schrittmotoren als alternative Antriebsform an. Die Vorteile liegen auf der Hand: Besseres Störverhalten (EMC) durch Entfall des Bürstenfeuers und vor allem deutlich niedrigere Ausfallraten, da die verschleißanfälligen Komponenten Getriebe und Bürsten entfallen. Durch den Wegfall des Getriebes ist die Lösung mit Schrittmotor zudem oft auch preiswerter. Dank moderner Ansteuerverfahren mit Mikroschritt stehen Schrittmotoren anderen Antrieben in Hinblick auf das Geräuschverhalten in nichts nach.

Für den einfachen Einsatz in der Anwendung muss allerdings ein Taktsignal für die Schrittmotorsteuerung bereits gestellt werden. Auf Basis des Timer-ICs NE555 kann mit wenigen Bauteilen eine Schaltung aufgebaut werden, die ein über Spindeltrimmer einstellbares Taktsignal erzeugt. Das Bild zeigt den Schaltplan mit dem NE555 in der Grundschaltung als so genannter Multivibrator. Über den Spindeltrimmer kann die Frequenz innerhalb von mindestens einer Dekade verstellt werden. Durch Variation des Kondensators (z.B. Weglassen von C2) kann der Frequenzbereich zusätzlich variiert werden. Eine entsprechende Leerplatine ist über mechapro.de erhältlich. Die gleiche Grundschaltung wurde in der Schrittmotor-Endstufe Tinystep II verwendet (nur in den Ausführungen „plus“ und „Tragschienen-Gehäuse“. Andere Motortreiber enthalten einen Mikrocontroller, der die Ansteuerung der Endstufe übernimmt. Ist ein Controller vorhanden, bietet es sich natürlich an, diesen auch für die Takterzeugung zu verwenden. Die Treiber der DS10-Reihe von LAM bieten so die Möglichkeit, über I/O zwei parametrierbare Frequenzen auszuwählen.

Beschaltung des NE555 als Multivibrator zur Takterzeugung

Bei größeren bewegten Massen oder Bewegungen mit höheren Drehzahlen benötigen Schrittmotoren eine Anlauframpe. Neben umfangreich programmierbaren Treibern (wie z.B. der DS30-Serie von LAM) gibt es Lösungen mit analoger Sollwertvorgabe für die Drehzahl. So kann eine übergeordnete Steuerung direkten Einfluss auf die Drehzahl des Schrittmotors nehmen, ohne Frequenzen bis in den zweistelligen kHz-Bereich erzeugen zu müssen. Die bietet einen Eingang für +/-10V, mit dem die Drehzahl bis 5U/s eingestellt werden kann. Neben den zuvor genannten Anwendungen können Schrittmotoren so auch für Registerregelungen, Wickelvorrichtungen usw. eingesetzt werden.

Vielfältige Möglichkeiten mit frei programmierbaren Schrittmotorsteuerungen

Frei programmierbare Treiber wie die DS30-Serie von LAM ermöglichen den Einsatz von Schrittmotoren für vielfältige Anwendungen, ohne das eine permanente PC-Verbindung oder eine komplexe SPS erforderlich wären. Digitale und analoge Ein- und Ausgänge synchronisieren das interne Programm mit dem Verhalten der Anlage. Um z.B. eine Drosselklappenverstellung abhängig von einem analogen Sollwert zu realisieren, wird in der Steuerung der Wert des analogen Eingangs mit der Sollposition des Antriebs verknüpft. Beim Einsatz in Wickelvorrichtungen kann der Analogwert hingegen zur Anpassung der Geschwindigkeit des Wicklers eingesetzt werden. Zur Steuerung von Drehtellern für die Produktfotografie können z.B. feste Wegstrecken eingestellt werden, die dann entweder über einen Eingang oder voll automatisch ausgelöst werden können. Durch den Einsatz von Wartezeiten und eines Ausgangssignals kann ggf. sogar die Ansteuerung der Kamera integriert werden, so dass nach Ablauf eines Fotoshootings nur noch die Bilder von der Kamera auf einen PC übertragen werden können. Noch komfortabler geht es nur noch durch den Einsatz eines USB-Controllers und einer auf die Anwendung abgestimmten PC-Software…

Falls eine Referenzfahrt oder ein Freigabesignal erforderlich ist, kann dies problemlos über die digitalen Eingänge gelöst werden, während die digitalen Ausgänge z.B. Fehlerzustände, Bereitsignale u.ä. signalisieren können. Zusätzlich steht ein analoger Ausgang zur Verfügung, mit dem z.B. die aktuelle Geschwindigkeit des Motors ausgegeben werden kann. Für alle Eingangswerte und die internen Variablen stehen mathematische Funktionen zur Verfügung, so dass auch komplette Regler realisiert werden können.

Abseits von reinen Schrittmotor-Endstufen mit Takt-/Richtungssignalen erschließen Schrittmotor-Steuerungen mit Zusatzfunktionen ein breites Anwendungsfeld. Ich hoffe, ich konnte Sie mit den vorgestellten Beispielen inspirieren und würde mich über Ergänzungen aus Ihrer beruflichen Praxis freuen.