Ansteuern von Schrittmotoren mit Arduino

Mai 5th, 2014

Ein Arduino Controller kann verwendet werden, um eigenständige interaktive Objekte zu steuern oder um mit Softwareanwendungen auf Computern zu interagieren (z. B. Adobe Flash, Processing, diverse Skriptsprachen, Terminal etc.). Arduino wird beispielsweise auch an Kunsthochschulen genutzt, um interaktive Installationen aufzubauen. Die Hardware besteht aus einem einfachen I/O-Board mit einem Mikrocontroller und analogen und digitalen Ein- und Ausgängen. Die Entwicklungsumgebung verwendet die Programmiersprache Processing, die auch technisch weniger Versierten den Zugang zur Programmierung und zu Mikrocontrollern erleichtern soll. [Quelle: Wikipedia]

Um es Einsteigern in die Welt von Elektronik und Mikrocontrollern möglichst einfach zu machen, gibt es für die Arduino-Plattform eine große Vielfalt an steckbaren Erweiterungsmodulen, so genannte „Shields“. Auch für die Ansteuerung von Motoren sind diverse Shields erhältlich. Sie bestehen oft nur aus einem Treiberchip mit der minimalen Basisbeschaltung. Über die kleine Platine kann kaum Verlustleistung abgeführt werden, zudem fehlt es für größere Motoren an ausreichend dimensionierten Pufferelkos. Auch Schutzbeschaltungen (Kurzschlussschutz, Optokoppler in Richtung Controller) sind die absolute Ausnahme. Das Experimentieren mit Motoren kann so schnell zu einem frustrierenden Erlebnis werden, wenn mit den Motoren „reale“ Lasten angetrieben werden sollen. Im folgenden Beitrag wird gezeigt, wie man mit einem Arduino mit Hilfe der AccelStepper-Bibliothek über wenige I/Os nahezu alle Schrittmotorsteuerungen mit Takt-/Richtungsinterface ansteuern kann.

Zur Arduino Entwicklungsumgebung gehört auch eine einfache Bibliothek zur Ansteuerung von Schrittmotoren. Sie geht jedoch davon aus, dass die Motorwicklungen direkt oder mittels zwischengeschalteter Transistoren über die I/Os des Prozessors angesteuert werden (Verwendung von zwei Ausgängen je Motorwicklung, insgesamt 4 Ausgänge). Beschleunigungs- und Bremsrampen sind nicht vorgesehen. Durch diese einfache Ansteuerung lässt sich nur ein geringes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen erreichen. Die AccelStepper-Library unterstützt dagegen auch so genannte 2- und 3-Draht Interfaces sowie den Typ „Driver“. Gemeint ist damit die Ansteuerung von integrierten Treibern über Takt- und Richtungssignale. Es ist auch möglich, eigene Interface-Definitionen einzuführen, wie im Beispiel zu diesem Beitrag gezeigt wird. Wie der Name andeutet, implementiert die Lib außerdem Beschleunigungs- und Bremsrampen. Über die Bibliothek können zudem mehrere Motoren gleichzeitig angesteuert werden, was die Anwendungsmöglichkeiten von Arduino für Projekte mit Motoren deutlich erweitert.

Anschluss der Tiny-Step Endstufe an den Arduino Controller

Anschluss der Tiny-Step Endstufe an den Arduino Controller

Das Bild zeigt den Anschluss der Takt-Richtungsendstufe Tiny-Step II, welche auf dem A3979 von Allgero Micro basiert. Der Treiber realisiert Motorströme bis 2,25A bei bis zu 35V bei Mikroschritt-Auflösungen bis 1/16. Durch das durchdachte Kühlkonzept werden die genannten Leistungsdaten auch im Dauerbetrieb sicher erreicht. Der integrierte, selbstrückstellende Kurzschlussschutz sichert die Schaltung vor Schäden durch falsche Beschaltung. Neben den Anschlüssen für Takt und Richtung (grün und gelb) werden auch Ausgänge für Enable (Einschalten der Endstufe) und Stromabsenkung ausgegeben sowie ein Fehlersignal von der Endstufe über einen Eingang eingelesen. Diese Signale sind optional. Der fertige Aufbau ist im folgenden Bild zu sehen, angeschlossen ist ein Nema17 Motor mit 0,5Nm Haltemoment. Auch kleinere Nema23 Motoren können mit diesem Aufbau angesteuert werden.

Testaufbau mit Arduino, Tiny-Step und Schrittmotor von Nidec Servo

Testaufbau mit Arduino, Tiny-Step und Schrittmotor von Nidec Servo

Nach dem gleichen Prinzip und hier sogar mit der identischen I/O-Beschaltung lassen sich aber auch deutlich leistungsfähigere Endstufen an den Arduino anbinden. Das folgende Bild zeigt einen Aufbau mit einer Endstufe vom Typ LAM DS1078 (bis 14A bei bis zu 90V), die einen Nema34 Motor mit 3,1Nm antreibt. Die DS10-Serie ist eine industrietaugliche Serie von Schrittmotorendstufen mit SPS-kompatiblen I/Os. Durch den Einsatz dieser Kraftpakete ergeben sich mit dem Arduino ganz neue Möglichkeiten.

Testaufbau mit LAM DS1078

Testaufbau mit LAM DS1078

Das Programmierbeispiel (Arduino-Projekte werden auch Sketch genannt) ist auf Git-Hub frei zum Download verfügbar. Ich würde mich über Rückmeldungen zum Einsatz der Accellib freuen.

Vorteile eines Lagereglers im Antrieb statt in der NC/PLC

April 25th, 2014

Der folgende Beitrag befasst sich mit der Regelungsoptimierung von Synchron-Servomotoren und ist damit ein Kontrastpunkt zu meinem Schwerpunktthema Schrittmotoren.

Ausgangslage:
Betrachtet wird eine vertikale Achse eines Handlings-Systems, welche reine Punkt-zu-Punkt Bewegungen ausführt, also während der Verfahr Bewegung keine Bahn einhalten muss. Der Antrieb besteht aus einem Beckhoff AM8023-E021 Servomotor mit Bremse und Sigleturn-Geber mit OCT (One Cable Technology, dabei wird der Geberistwert mittels Hyperface über die Leitungen des Temperaturgebers im Motorkabel übertragen). Die Bewegung wird über ein Getriebe auf eine Kugelrollspindel übertragen. Angesteuert wird der Motor über eine AX5203.

Servoregler-Familie AX5000

Servoregler-Familie AX5000 (Quelle: Beckhoff Automation)

Die Regler der AX5000 Familie von Beckhoff werden über TwinCAT an die übergeordnete Steuerung (SPS bzw. PLC) angebunden. Dort werden sie von der Beckhoff NC angesprochen, welche über die Datenstrukturen NC2PLC und PLC2NC wiederum eine Schnittstelle zum eigentlichen SPS-Programm bietet. Die Servoregler arbeiten mit dem Sercos over EtherCAT (SoE) Protokoll, d.h. das Übertragungsmedium ist EtherCAT, die eigentlichen Antriebsfunktionen (Parameternummerierung, Zustandsmaschine) entsprechen aber denen bei Sercos-Antrieben.

Standardmäßig werden die Servoregler dabei so parametriert, dass Drehzahl- und Stromregler im Antrieb geschlossen werden, während der Lageregler in der NC geschlossen wird. Obwohl TwinCAT kurze Buszykluszeiten ermöglicht, stellt die Übertragung von Soll- und Istwerten über den Bus eine zusätzliche Verzögerung für den Regler dar, die einen deutlichen Einfluss auf dessen dynamisches Verhalten haben kann, wie das folgende Beispiel zeigt.

In der Standardeinstellung (Lageregler in der NC geschlossen) war ein Kv-Faktor von 5 s-1 eingestellt. Der max. Schleppfehler während der Verfahr Bewegung beträgt dabei ca. 75µm. Nach dem Ende der Bewegung (SETVELO=0) dauert es 344ms, bis der Schleppfehler unter 10µs fällt.

Lageregelung in der NC. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Per Cursor markiert: Zeit vom Ende der Bewegung bis zum Erreichen einer Lageabweichung <10µm.

Lageregelung in der NC. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Per Cursor markiert: Zeit vom Ende der Bewegung bis zum Erreichen einer Lageabweichung <10µm.

Nach dem der Lageregler im Antrieb geschlossen wurde, konnte der Kv-Faktor ohne weiteres auf 7,5 s-1 erhört werden. Der Schleppfehler reduzierte sich für das gleiche Verfahr Profil wie zuvor auf 0,5µm. Selbst bei Fahrt mit annähernd maximaler Geschwindigkeit (50mm/s am Abtrieb) bleibt der Schleppfehler bei max. 2µm.

Lageregler im Antrieb geschlossen. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler.

Lageregler im Antrieb geschlossen. Oben: Position, Mitte: Drehzahl, Unten: Schleppfehler. Abweichende Skalierung vom Schleppfehler beachten!

Um den Lageregler in der AX5000 verwenden zu können, sind folgende Einstellungen erforderlich:
IDN-Parameter S-0-0-0032 in der Startup-Liste von 2 (velo control) auf 11 oder 12 (pos ctrl Feedback 1/2 lag less) umstellen. Die Einstellung „lag less“ sorgt durch eine Drehzahlvorsteuerung für minimalen Schleppfehler während der Bewegung.

Anpassen der Standardbetriebsart in der Startup-Liste

Anpassen der Standardbetriebsart in der Startup-Liste

In den Kanaleinstellungen unter Process Data / Operation Mode das Prozessabbild wie folgt anpassen. MDT: S-0-0036 „Velocity command value“ entfernen, statt dessen S-0-0047 „Position command value“ neu einfügen. AT: S-0-0189 „Following distance“ einfügen. Der Schleppfehler wird zusätzlich in die NC verknüpft, um den Schleppfehler dort ohne Totzeit anzeigen zu können. Ansonsten würde die Berechnung aus Sollposition(n) – Istposition(n-1) berechnet (n, n-1: diskrete Zeitpunkte).
Ggf. bereits vorhandene Verlinkungen in die NC löschen und Achsen neu verlinken.

Anpassen des Prozessabbildes im Beckhoff Drivemanager

Anpassen des Prozessabbildes im Beckhoff Drivemanager

Zusammenfassung:
Die Verlagerung des Lagereglers von der NC in den Antrieb ermöglicht den Betrieb mit deutlich reduzierten Regelabweichungen und schnelleren Ansprechzeiten des Antriebs. Ermöglicht wird dies durch den Entfall der Buslatenzen sowie durch den höheren Lagereglertakt im Antrieb (typisch 8kHz statt 1kHz in der NC). Ein weiterer Vorteil ist die Entlastung der CPU in der SPS durch den Entfall der Regelung dort.

Einschwingverhalten von Schrittmotoren

Juli 9th, 2013

Um Schrittmotoren in der Anwendung besser verstehen und beurteilen zu können ist es hilfreich, zunächst das Verhalten des Motors bei einem einzelnen Schritt zu betrachten. Auf dieser Basis lassen sich viele Dinge wie z.B. die Vorteile von Halb- und Mikroschritt sowie die Bedeutung der Last und ihrer Ankopplung an den Motor besser nachvollziehen.

Für die in diesem Beitrag behandelten Messungen wurde zur Erfassung der Rotorbewegung ein Encoder mit 5.000 Strichen und TTL-Ausgang verwendet. Mit Hilfe der 4-fach Flankenauswertung lässt sich die Bewegung auf 20.000 Pulse/U auflösen. Bei einem normalen Schrittmotor mit 200 Vollschritten/U entspricht das 100 Pulsen pro Vollschritt.

Der Encoder wurde über eine drehsteife Elastomer-Kupplung direkt an den Motor angekoppelt. Als Testmotor wurde ein Oriental Motor Typ PK268-E2.0B in paralleler Beschaltung eingesetzt. Auf der B-Welle war ein Dämpfer Typ D6CL-6.3F (Massenträgheit J_Dämpfer=18,5*10-6 kg*m², J_Motor=48*10-6 kg*m²) montiert.

Testaufbau, Schrittmotor mit Encoder

Schrittmotor PK268-E2.0B mit Encoder und Dämpfer

Angesteuert wurde der Motor über eine 3-Achs Endstufe „3D-Step“ mit der klassischen L297/L298 Treiber-Kombination bei 2,0A(effektiv), also etwas unterhalb des Nennstroms von 2,8A. Die Erfassung der Encoder-Signale erfolgte über eine Beckhoff-SPS mit einer Taktrate von 2ms.

Bei einem Vollschritt sollte der Motor einen Winkel von 1,8° weiterschalten. Eine erste Messung zeigt, dass der Motor trotz der Belastung durch den Dämpfer und den Encoder dabei deutliche Schwingungen ausfürt. Der Rotor schwingt bis fast 2,8° über und pendelt auf 1,5° zurück, bevor die Schwingung langsam abklingt und nach ca. 10ms in einem Toleranzband von +/- 0,2° ausklingt.

Messergebnis Vollschritt mit Dämpfer

Vollschritt mit Dämpfer

Noch deutlich schlimmer sieht es aus, wenn man den Dämpfer von der B-Welle des Motors entfernt. Das Überschwingen ist mit max. 3,0° von der Amplitude her zwar nur unwesentlich stärker, jedoch lässt sich deutlich erkennen, dass die Dämpfung stark reduziert wird. Es dauert jetzt ca. 25ms, bis der Rotor im selben Toleranzband bleibt wie dies beim ersten Versuch bereits nach 10ms der Fall war.

Messergebnis für Vollschritt ohne Dämpfer

Vollschritt ohne Dämpfer

Nach Umschalten der Endstufe in den (stromkompensierten) Halbschritt und erneuter Montage des Dämpfers ergibt der nächste Versuch die folgende Sprungantwort. Zu beachten ist hier, dass der Motor nach einem Halbschritt im Vergleich zu den vorherigen Versuchen nur den halben Winkel, also 0,9° zurück gelegt hat. Die Schwingung reicht hier von ca. 1,15 bis zurück nach 0,7° und erreicht bereits nach einer Schwingung ein Toleranzband von +/-0,1°. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde der Maßstab des Graphen unverändert beibehalten.

Messergebnis für Halbschritt mit Dämpfer

Halbschritt mit Dämpfer

Beim Übergang zu einer kontinuierlichen Drehbewegung wird der Rotor je nach Drehzahl weitergeschaltet, bevor die durch einen einzelnen Schritt angeregte Schwingung vollständig abgeklungen ist. Das zeigt auch die folgende Messung bei ca. 42Hz Halbschritt. Trotzdem führen insbesondere der erste Überschwinger und die stufenweise Bewegung im unteren Drehzahlbereich zu unangenehmen Betriebsgeräuschen.

Messergebnis für eine kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

Kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

In der Anwendung treibt der Motor eine mehr oder weniger steif angekoppelte Last an. Es ist angesichts dieser Messungen leicht nachvollziehbar, dass der Motor mit seiner Schwingneigung leicht Resonanzstellen in der Mechanik anregen kann.

Die Amplitude des Überschwingens hängt direkt mit dem Drehmoment und damit mit dem Motorstrom zusammen. In diesem Versuch wurde der Motor bereits ca. 30% unterhalb seines Nennstroms betrieben. Bei Nennstrom ist also eine noch stärkere Schwingung zu erwarten. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Absenkung des Motorstroms –sofern in der Anwendung entsprechende Drehmomentreseven vorhanden sind- zu einer Reduktion von Schwingungen führen wird.

Wie der Gegenversuch mit dem Dämpfer zeigt, hilft eine steif angekoppelte Last, das Gesamtsystem zu bedämpfen. Auch die Auswahl einer geeigneten Kupplung sowie eine stabile Lastmechanik (geringe Schwingungsneigung) sind Hilfen, um Resonanzprobleme zu vermeiden. Einen deutlichen Vorteil bietet vor allem der Wechsel zum Halbschritt-Modus. Bei Einsatz einer Endstufe mit Drehmoment-Kompensation (also der Erhöhung des Phasenstroms in den Halbschrittpositionen) entsteht durch den Einsatz von Halbschritt kein nennenswerter Drehmomentverlust. Daher und wegen der erhöhten Schwingungsneigung im Vollschritt rate ich grundsätzlich von der Verwendung des Vollschrittbetriebs ab.

Eine weitere Optimierung besteht im Einsatz von Steuerungen mit Mikroschritt und ggf. der Möglichkeit, das beim Schrittmotor besonders ausgeprägte Rastmoment zu kompensieren. Diesem Thema werde ich demnächst einen eigenen Beitrag widmen.

Resonanzen mal anders – Musizieren mit Schrittmotoren

Juni 21st, 2013

Normalerweise sind Resonanzen bei Schrittmotoren unerwünscht. Man kann sich Resonanzeffekte aber auch zu Nutze machen.

Durch das schrittweise weiterschalten des Rotors im Schrittmotor wird die umgebende Mechanik (einschließlich des Stators) zum Schwingen angeregt. Dieser Effekt tritt im Vollschritt Betrieb besonders deutlich auf. Die dabei erzeugten Frequenzen sind abhängig von der Drehzahl des Motors. Die Grundschwingung entspricht der Taktrate, also der Anzahl der Vollschritte pro Umdrehung. Variiert man die Ansteuerung des Motors geschickt, lassen sich mit dem Motor Melodien abspielen. In gewissen Grenzen kann man sogar die Amplitude dynamisch anpassen, wenn man den Phasenstrom variiert.

Einige ausgewählte Beispiele die ich besonders interessant finde habe ich in der nachfolgenden Linksammlung zusammen gestellt:

James Bond theme – 8-stimming mit Diskettenlaufwerken

Smoke on the waters – 8-stimming mit Diskettenlaufwerken

Starwars imperial march

Nochmal imperial march – 8-stimmig und mit Backlight

Depeche Mode – Enjoy the silence

Tetris auf einer CNC-Maschine

Spiegel Online über Musik mit CNC-Fräsen:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/maschinenmusik-so-krass-roehrt-die-cnc-fraese-a-620661.html

LPT, USB und Ethernet – Welche Schnittstelle für Desktop-CNC Maschinen?

Mai 18th, 2013

In der Zeitschrift „Hardware Hacks“ Ausgabe 1/2013 wurde im Rahmen eines Tests (S. 30ff) von Desktop-CNC Maschinen kritisiert, dass bei vielen der getesteten Maschinen noch der LPT-Port (Parallelport) als Schnittstelle zum PC verwendet wird. Warum das meiner Meinung nach trotzdem sinnvoll ist, will ich nachfolgend erläutern:
Es stimmt zwar, dass der Druckerport (LPT) im PC längst obsolet ist. Trotzdem hat er als Schnittstelle für Schrittmotorsteuerungen in low-cost CNC-Anwendungen nach wie vor seine Berechtigung. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im Endgerät kein Protokoll implementiert werden muss, sondern die I/O-Signale direkt verwendet werden können – nach dem sie idealerweise auf einer Interfacekarte (oft auch als Breakout Board bezeichnet) noch etwas aufbereitet wurden. Musste man früher die Pinbelegung ggf. noch durch ein handgelötetes Adapterkabel anpassen, können heute eigentlich alle gängigen Programme auf unterschiedliche Pinbelegungen hin angepasst werden.
Steht kein LPT-Port mehr zur Verfügung oder soll aus Performance-Gründen USB oder LAN eingesetzt werden, ist dies trotzdem ohne Weiteres möglich. Aufgrund der bereits genannten Protokoll-Problematik ist hierfür jedoch ein Controller erforderlich, der zu dem eingesetzten CNC-Programm passt. WinPCNC wird z.B. in der USB-Version gleich mit einem passenden Controller geliefert, der 2 „LPT“-Ports als Schnittstelle zur Elektronik bietet. Mit dem „Smooth-Stepper“ gibt es für Mach3 ähnliche Lösungen sowohl für USB als auch Ethernet. Ausgangsseitig werden auch hier diskrete I/Os in Anlehnung an den LPT-Port verwendet.
Wenn ein Maschinenhersteller also für seine Steuerung auf den LPT-Port setzt, ist das letztlich im Sinne des Anwenders, weil diese nicht an die vom Maschinenbauer präferierte Software gebunden ist. Statt dessen bleibt dem Anwender die freie Wahl, welche Software er einsetzen möchte.

Ausgewählte Eindrücke von der SPS/IPC/Drives

Dezember 2nd, 2012

In diesem Artikel stelle ich einige ausgewählte Eindrücke von der diesjährigen SPS/IPC/Drives vor. Die SPS ist die weltweit größte und bedeutende Messe für Automatisierungs- und Antriebstechnik und findet jährlich in der letzten Novemberwoche in Nürnberg statt. Da ich mich vorwiegend mit dem Thema Antriebstechnik beschäftige, interessiert mich natürlich der „Drives“-Teil der Messe am meisten…

Wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Planetengetriebe funktioniert, oder Schwierigkeiten mit der räumlichen Vorstellung der Zahnradbewegungen hat, für den könnte das folgende Video hilfreich sein. Gesehen auf dem Stand der Firma Framo Morat in Halle 1.

Planetengetriebe

Einen interessanten Einblick gewährte der aufgeschnittene EC-Servomotor (die man übrigens auch als BLDC-Motor bezeichnet) auf dem Stand der Firma Ott Antriebstechnik in Halle 1. Von links nach rechts zu sehen: Getriebe, Motor-(wicklung), Haltebremse, Leistungselektronik, Encoder.

Geöffneter BLDC-Motor mit Getriebe und Encoder

Einblick in einen EC-Servomotor

Eine etwas andere Messedemo mit hohem Aufmerksamkeitswert gab es in Halle 3 am Stand der Firma Stöber Antriebstechnik zu sehen. 30 über Servomotoren angetriebene Zahnstangen formen einen „mechanischen“ Spektrumanalyser. Über den Nutzwert eines solchen Aufbaus eines solchen Aufbaus kann man sicherlich streiten, allerdings ist das für eine Messedemo mal eine erfrischende Abwechslung zu den üblichen 2-5 synchronisierten Antrieben, die kollisionsfrei miteinander interagieren.

Spektrumanalyser

Am 28.11. um 17 Uhr wurde am Stand des Vogel-Verlages der erste App-Award für die Automatisierungstechnik vergeben. In drei Kategorien „Corporate“, „Katalog“ und „Technik“ wurde die jeweils beste App ausgezeichnet. Neben dem Votum der Jury fand im Vorfeld ein Leservoting statt, außerdem wurden die Bewertungen in den Appstores berücksichtigt. eDrives, die App zur Antriebsauslegung, konnte sich im Leservoting gegen die durchaus namenhafte Konkurrenz durchsetzen. Leider reichte es in der Kategorie Technik trotzdem nicht ganz für den Sieg, die App von National Instruments hatte in den Augen der Jury die Nase vorn.

App-Award der Elektrotechnik.

Besichtigung der Motorenfertigung bei Schneider Electric in Lahr

September 27th, 2012

Ich hatte letzte Woche die Gelegenheit, die Motorenfertigung bei Schneider Electric in Lahr (ehemals Berger Lahr) zu besichtigen. Berger Lahr entwickelte 1958 den ersten Schrittmotor [1]. Heute werden Schrittmotoren fast ausschließlich in Asien produziert. Umso erstaunlicher ist es, dass in Lahr auch heute noch 3-phasige Schrittmotoren hergestellt werden. Die Fertigungstiefe dürfte über die Jahrzehnte allerdings etwas abgenommen haben. So werden die Blechstanzteile für die Statorpakete nicht mehr in Lahr hergestellt, dort allerdings noch zusammengesetzt und verbacken. Leider war es in der Produktion nicht erlaubt, Fotos zu machen (mit einer Ausnahme, siehe unten). Daher kann ich die Maschine, auf der die Motorwicklungen in den Stator eingebracht werden, hier leider nicht zeigen.

Auch wenn Lahr die Wiege des Schrittmotors ist, werden dort inzwischen überwiegend Servomotoren in allen Leistungsklassen gefertigt. Auch hier ist die Fertigung auf die wesentlichen Schritte beschränkt worden, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Statorgehäuse, Wicklungspakete und elektrische Anbauteile (Bremsen, Drehgeber) sowie Lager und andere mechanische Teile werden zugeliefert. Trotzdem bleiben genügend interessante Prozessschritte übrig, z.B. das Einschrumpfen der Wicklungskörper in das Statorgehäuse, das anschließende Vergießen der Wicklung, das Lackieren der Gehäuse und die Endmontage. Im Bereich der Endmontage durfte ich dann noch ein Bild machen. Zu sehen sind hier einige Servomotoren in größerer Bauform vor dem Einbau des Rotors in den Stator:

Links: Die Rotoren mit Permanentmagneten (unten) sowie vormontierter Bremse, oben ist der Sitz für den Encoder vorbereitet. Rechts: Statorgehäuse, im Inneren sind die Weicheisen-Füße des Wicklungsträgers zu erkennen, die das elektrische Feld zum Rotor leiten.

[1] Geschichte von Berger Lahr, Webseite Schneider Electric

Linearaktuator – der Schrittmotor für lineare Bewegungen

August 21st, 2012

Die meisten Schrittmotoren werden für lineare Verstellbewegungen eingesetzt. Über Zahnriemen oder Gewindespindeln wird die rotatorische Bewegung des Motors in eine translatorische Bewegung der Last umgesetzt. Insbesondere bei relativ kurzen Hüben bietet es sich an, diese Bewegungsumwandlung direkt in den Motor zu integrieren und damit eine Reihe von mechanischen Bauteilen einzusparen. Ergebnis dieser Überlegungen ist der sogenannte Linearaktuator. Er basiert in der Regel auf einem normalen Schrittmotor, dessen Rotor mit einer Hohlwelle ausgestattet ist. Teil dieser Hohlwelle ist die Spindelmutter. Linearaktuatoren sind sowohl auf Basis von billigen Dosenmotoren (CAN-Stack), als auch auf Basis von Hybridschrittmotoren erhältlich.

Zu der Mutter im Rotor wird eine Spindel benötigt. Um eine Linearbewegung erzeugen zu können, muss eine Drehung der Spindel verhindert werden. Hier werden verschiedene Lösungsansätze unterschieden:

– Ohne Verdrehsicherung („non captive“). Die Verdrehsicherung muss durch die Anschlusskonstruktion realisiert werden. Da die Spindel nicht dreht, ist die Anwendung nicht durch die biegekritische Drehzahl limitiert. Je nach Spindellänge können auch mehrere Motoren auf einer Spindel verfahren werden.
– Externe Spindelmutter. Bei dieser Ausführung rotiert die am Schrittmotor fixierte Spindel, die Linearbewegung erfolgt durch die Mutter entlang der Spindel. Der Aufbau entspricht somit am ehesten der klassischen Anwendung mit Motor, Kupplung, Spindel und Mutter. Hier entfallen jedoch die separate Spindellagerung und die Kupplung.
– Mit Verdrehsicherung („captive“). Hier ist die Verdrehsicherung bereits integriert, wodurch sich die Länge des Motorgehäuses deutlich vergrößert. Diese Ausführung ist meist in gestuften Hublängen erhältlich, wobei der Hub typisch unter 100mm liegt.

Aktuator mit externer Mutter

Bild: Linearaktuator mit externer Spindelmutter, hier als kundenspezifische Sonderausführung.

Als Spindeln können sowohl Trapez- sowie Feingewinde und Kugelgewindetriebe zum Einsatz kommen. Je nach Wahl der Spindelsteigung ergeben sich unterschiedliche Auflösungen. Bei kleinen Spindelsteigungen kann der Antrieb auch selbsthemmend sein, was eine Bremse überflüssig macht. Zu beachten ist die maximale Belastbarkeit der Motorlager (Katalogangabe), da diese (anders als bei klassischen Schrittmotoren mit separatem Spindeltrieb) den externen Vorschubkräften standhalten müssen. Insbesondere bei niedrigen Spindelsteigungen definieren die Motorlager die Grenze der Vorschubkraft.

Linearaktuator mit Verdrehsicherung

Bild: Schnittmodell eines Linearaktuators mit integrierter Verdrehsicherung („captive“). Schön zu sehen die Ausführung der Polkappen im Rotor, Nord und Südpole um eine halbe Polteilung versetzt. Vielen Dank an Herrn Spyra von A-drive für die Erlaubnis sein Muster abzulichten.

Linearaktuatoren werden nur von wenigen Herstellern angeboten und sind aufgrund der hohen Funktionsdichte meist nicht 1:1 mit Produkten anderer Hersteller austauschbar, insbesondere die „captive“ Ausführungen mit Verdrehsicherung. Als Optionen sind z.T. Drehgeber (Encoder) oder integrierte Endschalter erhältlich.

Sind hohe Geschwindigkeiten bei kurzem Hub aber vergleichsweise geringer Auflösung gefragt, können klassische Schrittmotoren mit einfachen mechanischen Umwandlungsprinzipien eine Alternative sein. Denkbar sind z.B. ein Kurbeltrieb oder eine Betätigung über Nocken, wobei hier auch Rückstellfedern einsetzbar sind, wenn die Last z.B. nach untern gegen die Gewichtskraft zu betätigen ist. Zu beachten ist allerdings, das bei diesen Antriebsprinzipien kein linearer Zusammenhang mehr zwischen Drehwinkel und Vorschub besteht, so dass bei konstanter Motordrehzahl die Vorschubgeschwindigkeit variiert.

Welche Lösung am besten geeignet ist, ist von Anwendung zu Anwendung verschieden. Die Entscheidung kann sowohl von Kostengesichtspunkten als auch von räumlichen Begrenzungen getrieben sein. Es lohnt sich aber immer, verschiedene Konzepte zu vergleichen…

Literatur zu Schrittmotoren

Juni 8th, 2012

Wer anfängt, sich mit Schrittmotoren zu beschäftigen, findet im Web eine Menge an Quellen, anhand derer man sich einen ersten Überblick verschaffen kann. Zu empfehlen ist zunächst der Wikipedia-Artikel zum Schrittmotor. All denen, die halbwegs englisch sprechen bzw. lesen können, sei die Webseite von Professor Jones ans Herz gelegt. Auch meine Homepage zum Schrittmotor möchte ich nicht unerwähnt lassen…

Was aber, wenn man tiefer in das Thema Schrittmotor einsteigen will? Ältere Semester werden sich erinnern: Richtig, dann könnte man ein Buch zur Hand nehmen. Aber welches? Ich habe im Folgenden eine Übersicht über bekannte und weniger bekannte Bücher rund um den Schrittmotor zusammen gestellt. Allen gemein ist, dass sie schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Viele Titel sind außerdem nicht mehr neu erhältlich, sondern nur noch gebraucht über eBay, Amazon und Co.

Neuere Entwicklungen wie Mikroschritt, Stall-detection (Überlasterkennung) oder sensorlose Regelung bleiben bei den Büchern also außen vor. Doch bevor man sich intensiv mit diesen Themen beschäftigt, lohnt es sich, ein gutes Grundverständnis vom Schrittmotor und dem zugrunde liegenden Wirkprinzip aufzubauen. Dann lesen sich die Datenblätter und Applikation Notes der IC-Hersteller deutlich leichter. Und wer dann immer noch nicht genug hat, wird in Unibibliotheken fündig. Hier gibt es tatsächlich eine Reihe neuerer Veröffentlichungen in internationalen Magazinen (z.B. verschiedene IEEE Publikationen) und natürlich Dissertationen, die noch mehr in die Tiefe gehen.

Literaturübersicht:

Übersicht Bücher zum Thema Schrittmotoren

Eine Auswahl an Büchern zu Schrittmotoren und elektrischen Antrieben

Felix Schörlin: “Mit Schrittmotoren steuern, regeln und antreiben”. Franzis, 1995. ISBN: 3-7723-6722-4
Sehr schönes, leicht verständlich geschriebenes Buch für Einsteiger. Betrachtet auch Resonanzen und einfache Versuchsaufbauten. Mit verschiedenen, ausführlich erläuterten Schaltungsbeispielen (TCA3717, L6203, diskrete Endstufen mit MOSFET und IGBTs), die allerdings nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Auch für 5-phasige Motoren einsetzbar. Das Controller-Beispiel mit dem ST6225 ist nicht mehr up to date, kann aber leicht auf andere Controller übertragen werden.

Friedrich Prautzsch: „Schrittmotor-Antriebe“. 3. Aufl., Franzis, 1996. ISBN: 3-7723-2183-6
Sehr kompakt, bietet einen schnellen aber nicht zu oberflächlichen Einstieg in das Thema. Elektrotechnik-Grundwissen ist von Vorteil. Nicht mehr ganz auf dem letzten Stand.

Erich Rummenich et al.: „Elektrische Schrittmotoren und –antriebe“. 3. Aufl., Expert 2005. ISBN: 3-8169-2458-1
Inhaltlich nicht mehr auf dem Stand der Technik. Interessant wegen der einfachen Versuchsaufbauten und für historische Betrachtungen

Takashi Kenjo: „Stepping motors and their microprocessor controls“. Oxford Science Publications, 1984. ISBN 0-19-859339-2
Sehr umfangreiches englisches Buch, bietet einen guten Einstieg mit historischem Überblick. Viele interessante Abbildungen von älteren Geräten und Realisierungsbeispielen. Dynamische Betrachtungen incl. der mathematischen Zusammenhänge, Schaltungsbeispiele mit Logiktabellen sowie Versuchsaufbauten. Mit Literaturverzeichnis zu jedem Kapitel

Dierk Schröder: „Elektrische Antriebe – Grundlagen“. 3. Aufl., Springer, 2007. ISBN: 978-3-540-72764-4
Allgemeines Buch zur elektrischen Antriebstechnik mit einem Abschnitt über Schrittmotoren. Umfangreiches Literatur- und Sachverzeichnis

Gert Hagmann: „Leistungselektronik – Grundlagen und Anwendungen in der elektrischen Antriebstechnik“. 3. Aufl., Aula, 2006. ISBN:978-3-89104-700-2
Gutes Grundlagenbuch für alle, die selbst Schaltungen zur Ansteuerung von Motoren entwickeln möchten. Gutes Sachverzeichnis.

Paul Acarnely: “Stepping Motors: A Guide to Theory and Practice”. 4th edition, Institution of Engineering and Technology, 2002. ISBN: 978-0852964170
Englisches Fachbuch. Das Thema Mikroschritt fehlt leider. Sonst sehr detailliert, incl. der zur Beschreibung und Berechnung erforderlichen Mathematik. Weitere Themen: Open und closed loop Betrieb, statische Betrachtung der Momente, Highspeed Betrieb, Resonanzdämpfung. Umfangreiche Literaturverweise.

Handbuch Elektrische Kleinantriebe [Gebundene Ausgabe]
Hans-Dieter Stölting (Herausgeber), Eberhard Kallenbach (Herausgeber). 4. Aufl., Hanser, 2011. ISBN-13: 978-3446423923
Habe ich selbst noch nicht gelesen, sollte aber trotzdem nicht unerwähnt bleiben, weil es gerade in neuer Auflage erschienen ist. Somit besteht die Chance, auch zu neueren Themen Informationen zu finden.

China-Endstufen im Test bei c’t Hardwarehacks

Mai 2nd, 2012

Der c’t Redakteur Carsten Meyer widmet sich in seinem Testbericht auf Heise Hardware-Hacks den inzwischen sehr belieben 3- oder 4-achsigen Schrittmotorendstufen auf Basis des Toshiba TB6560AHQ. Im Test nimmt das Design genauer unter die Lupe und entdeckt einige Ungereimtheiten. Fazit: Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Zum Testbericht auf Hardware-Hacks