Archive for April, 2011

Übersicht über gängige integrierte Schrittmotor-Treiber

Mittwoch, April 27th, 2011

Soll für eine Anwendung eine neue Schrittmotor-Steuerung entwickelt werden, geht die Suche nach den geeigneten Treiber-Bausteinen los. Neben den „alten Bekannten“ wie z.B. L293D, L297/L298 oder PBL3717A gibt es heute eine interessante Auswahl an voll integrierten Lösungen mit Mikroschritt und vielen weiteren interessanten Funktionen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die bekanntesten ICs und deren wichtigeste Eigenschaften. Nicht zu allen Bauteilen sind über die Hersteller Demo-Boards erhältlich. Daher sind, soweit bekannt, exemplarisch einige Produkte aufgeführt, in denen die genannten ICs enthalten sind. Um die Darstellung übersichtlich zu halten, sind nur die Basisdaten genannt. Eine umfangreichere Darstellung steht zum Download zur Verfügung.

 

 

 

 

 

Bauteil Hersteller max.
Mikrostep
Nennstrom Spannung I/O Anmerkungen
Produkte
Amis30624 On Semi 0,57A 7-29V I²C int. Motioncontroller
Amis30522 On Semi 1/32 1,5A 6-30V Takt-/Dir,
SPI f. Konfig.
mit Stalldetection
A3959
(=IMT-903)
Allegro Micro beliebig 3,0A 10-50V Takt/Dir Slider SFX,
SMCI33
A3977
A3979
Allegro Micro 1/8 / 1/16 2,5A 8-35V Takt/Dir Tiny-Step II
A3986 Allegro Micro 1/16 >5,0A 12-50V Takt-/Dir HEM-545,
SMCI47-S
LMD18245 National Semi beliebig 3,0A 12-55V Brake/Dir
L293 ST 1,0A 5-36V parallel, incl. Enable
L297 ST Voll/Halb Takt/Dir f. externe H-Brücken
3D-Step
L298 ST 2,0A 8-46V parallel, incl. Enable 3D-Step
L6506 ST beliebig Takt/Dir f. externe H-Brücken
HP-Step.pro
L6201/L6202
L6203
ST 1,5A/4,0A 12-48V parallel, incl. Enable HP-Step.pro
L6208 ST Voll/Halb 2,8A 12-52V Takt/Dir µStep m. ext. DAC
L6219 ST 1/4 0,75A 10-46V Phase/Current µStep m. ext. DAC
PBL3717A ST, Ericsson 1/4 1,0A 10-46V Phase/Current µStep m. ext. DAC
PBL3770A
UC3770A
Ericsson, TI Voll/Halb 1,5A 10-40V Phase/Current
TA8435H
(=IMT-901)
Toshiba 1/8 1,5A 24V Takt/Dir Step3N (Fa. Lewetz)
TB62201
(=IMT-902)
Toshiba 1/16 1,2A 20-34V parallel, incl. Enable
TB6560A Toshiba 1/16 3,0A 5-34V Takt/Dir Imax f. HQFP: 1,5A
TMC236
TMC246
Trinamic 1/16 1,5A 7-34V SPI (12-bit) TMC246 m. Stalldetection
TMC239
TMC249
Trinamic 1/16 >4,0 7-34V SPI (12-bit) TMC249 m. Stalldetection
TMC261
TMC262
Trinamic 1/256 1,2A/>5,0A 9-59V Takt/Dir,
SPI f. Konfig.
lastabhängiger Strom

schrittmotortreiber.pdf

Die Sache mit der Spannung

Sonntag, April 24th, 2011

Eine der häufigsten Fragen, die mir durch Kunden von mechapro in E-Mails gestellt wird, lautet sinngemäß etwa so: „Ich habe einen Schrittmotor mit einer Nennspannung von 2,8V, in der Dokumentation zu Ihrer Schrittmotor-Endstufe ist aber von einem Spannungsbereich von 15-42V die Rede. Kann ich den Motor trotzdem an Ihrer Karte betreiben?“. Die Antwort ist „ja“. Aber warum ist das so, bzw. warum ist die Motornennspannung soviel niedriger als die Versorgungsspannung des Schrittmotor-Treibers?

Die Motornennspannung ergibt sich aus dem Wicklungswiderstand und dem maximal zulässigen Wicklungsstrom durch Anwendung des Ohmschen Gesetzes (R=U/I bzw. U=R*I). Oder anders ausgedrückt: Will man einfach nur Spannung an die Wicklung legen (ohne Stromregelung, PWM o.ä.), darf diese maximal so groß sein wie die Motornennspannung, da sonst der zulässige Wicklungsstrom überschritten werden kann. Diese Betriebsart wird auch als Konstantspannungsbetrieb bezeichnet, da die Spannung konstant gehalten wird. Zur Ansteuerung eines 2-phasigen Schrittmotors werden lediglich 4 Transistoren (unipolarer Motor) bzw. 2 H-Brücken (bipolarer Motor) benötigt. Es handelt sich also um ein sehr einfaches und preiswertes Verfahren. Bedeutender Nachteil sind die Einschränkungen bei der erreichbaren Drehzahl bzw. beim Drehmoment im oberen Drehzahlbereich. Außerdem ist kein Mikroschritt möglich. Das sind auch die Gründe dafür, dass dieses Verfahren heute nur noch bei low-cost Anwendungen eingesetzt wird, bei denen diese Einschränkungen keine Rolle spielen. Die wohl verbreitetste, aber nicht unbedingt bekannteste Anwendung ist der Einsatz von Schrittmotoren in Zeigerinstrumenten, vor allem im Automobil-Sektor.

Tacho Porsche 911

Instrumenteneinsatz Porsche 911(996), Hersteller VDO

Schrittmotor aus Porschetacho

Zeigerinstrument mit Schrittmotor aus Posche 911(996)

Wesentlich verbreiteter ist die sogenannte Konstantstromansteuerung. Hierbei wird durch einen Stromregler dafür gesorgt, dass der Motor unabhängig von der Versorgungsspannung mit höchstens dem eingestellten Wicklungsstrom betrieben wird. Durch den Stromregler kann die Versorgungsspannung deutlich höher gewählt werden als die Motornennspannung. Dies führt zu einem deutlich beschleunigten Stromanstieg und damit letztlich dazu, dass das Drehmoment des Motors erst bei deutlich höheren Drehzahlen bzw. Pulsraten abnimmt.

Simulation Stromanstiegszeit

Simulation der Stromanstiegszeit für einen PK268-E2.0 bei Konstantspannungs- und Konstantstrombetrieb

Das oben gezeigte Simulationsergebnis macht den Vorteil des Konstantstrombetriebes sehr plakativ deutlich. Bei Konstantspannungsbetrieb (U=3,18V) dauert es 8-10ms, bis der Wicklungsstrom annähernd den Nennstrom erreicht hat. Wird der Motor mit einer Pulsrate von 200 Schritten/s (entsprechend einer Umdrehung/s bzw. 5ms Pulsbreite) betrieben, liegt der mittlere Strom in der Wicklung bei nur noch etwas mehr als 1A, so dass das erreichte Moment gegenüber dem Haltemoment mehr als halbiert ist. Im Konstantstrombetrieb ist die Zeit zum Erreichen des Nennstroms je nach verwendeter Spannung hingegen kleiner als eine halbe Millisekunde, so dass erst bei ca. 10-facher Geschwindigkeit das Drehmoment soweit abfällt wie bei Konstantspannungsbetrieb.

Hinweis: Die Schaltzeiten der Transistoren wurden in der Simulation nicht berücksichtigt, da sie gegenüber den betrachteten Effekten klein sind.

Die Bedeutung des Lastwinkels bei Schrittmotoren

Montag, April 18th, 2011

Für verschiedene Betrachtungen rund um den Schrittmotor (z.B. Leistungsbilanz, Wirkungsgrad, sensorlose Regelung) ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen dem durch die Schrittmotor-Endstufe vorgegebenen Drehfeld und der aktuellen Rotorposition zu kennen. Der folgende Beitrag beschäftigt sich daher mit dem Lastwinkel und den damit verbundenen Konsequenzen für die Anwendung von Schrittmotoren.

Schrittmotoren werden klassischer weise gesteuert betrieben („open loop“),weil hierfür kein Drehgeber benötigt wird und keine Reglerinbetriebnahme erforderlich ist. Oftmals wird dabei davon ausgegangen, dass der Schrittmotor, so lange sein jeweiliges Drehmoment nicht überschritten wird, exakt dem vorgegebenen Drehfeld folgt und seine Rotorpsoition somit genau bekannt ist. Auf den ersten Blick ist diese Annahme auch richtig. Schrittmotoren sind Synchronmaschinen, die dem vorgegebenen Drehfeld ohne Schlupf folgen. Trotzdem gibt es zwischen der Drehung des elektrischen Feldes und der mechanischen Rotordrehung eine Abweichung, die man „Lastwinkel“ δ nennt.

Weiterhin wird oftmals unterstellt, ein Schrittmotor würde immer, wenn seine Wicklungen bestromt sind, ein Drehmoment abgeben. Tatsächlich kann das aber physikalisch garnicht sein, da ein Motormoment ohne entgegenwirkendes Lastmoment eine Beschleunigung des Rotors zur Folge hätte. Deswegen wird begrifflich zwischen Haltemoment und Drehmoment unterschieden. Das Drehmoment ist letztlich das im jeweiligen Betriebspunkt vom Motor erzeugte Moment. Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien geben dabei die Obergrenzen abhängig von verschiedenen technischen Randbedinungen (Beschaltung der Wicklung, Versorgungsspannung, Phasenstrom, ggf.  bei der Messung verwendete Dämpferelemente oder Lastträgheiten) über der Drehzahl an. Das Haltemoment gibt das maximale Moment an, dem der Rotor im Stand genügend Drehmoment entgegensetzen kann, ohne das er aus seiner Position ausrastet. Das folgende Bild veranschaulicht diesen Zusammenhang.

Drehmoment eines Schrittmotors abhängig von der Rotorauslenkung durch externe Belastung.

Ohne Einwirkung durch ein externes Moments befindet sich der Schrittmotor in der Vollschrittposition Null, der Lastwinkel δ ist also ebenfalls Null. Mit steigendem Lastmoment entwickelt der Motor, ähnlich wie eine Feder, ein steigendes Drehmoment. Bei Erreichen des Kippunktes wird der Rotor instabil und springt, da das Drehmoment im weiteren Verlauf abfällt, bis in die nächste stabile Position (+4 Vollschritte). Steht das Lastmoment weiterhin an, verliert der Motor weitere Schritte.

Das bedeutet für die Anwendung von Schrittmotoren:

  • Ohne Last stimmt die Position von Rotor (mechanisches Drehfeld) und elektrischem Feld überein (sofern man Reibungseffekte vernachlässigt).
  • Ein Schrittmotor liefert nur unter Last ein Drehmoment.
  • Ein gesteuert betriebener Schrittmotor ist mit einer Feder vergleichbar. Die „Federrate“ kann über den Wicklungsstrom beeinflusst werden.
  • Es gibt einen lastabhängigen Positionsfehler, der bis zu einem Vollschritt betragen kann.
  • Der Einsatz von Treibern mit Mikroschritt erhöht die Genauigkeit nicht, da sich der Zusammenhang zwischen Moment und Lastwinkel nicht ändert.

Für Anwendungen mit hohen Genauigkeitsanforderungen ist daher zu prüfen, ob der Einsatz von hochauflösenden Motoren (2-Phasen Motoren mit 0,9° Vollschrittwinkel oder 3-Phasen Motoren) oder spielfreien Getrieben sinnvoll ist. Alternativ ist es auch denkbar, den Motor deutlich überzudimensionieren, um eine geringere Auslenkung unter Last zu erreichen.

Unipolar oder Bipolar?

Dienstag, April 12th, 2011

2-phasige Schrittmotoren werden unipolar oder bipolar ausgeführt. In diesem Beitrag möchte ich die Unterschiede zwischen beiden Beschaltungsarten erläutern und die Vor- und Nachteile aufzählen.

Unipolarer Schrittmotor:
Beim unipolaren Schrittmotor ist jede Wicklung mit einem Mittelabgriff ausgestattet, der Motor hat also 6 Litzen. Teilweise werden auch beide Mittelabgriffe zusammen ausgeführt, so dass der Motor dann nur 5 Litzen hat. Zur Ansteuerung eines unipolaren Motors legt man die Mittelabgriffe der Wicklung üblicherweise an die positive Versorgungsspannung und schaltet mit jeweils zwei Transistoren an den Wicklungsenden abwechselnd eines der beiden Enden nach Masse. Vorteil dieser Schaltung ist, dass nur vier Transistoren benötigt werden. Mit der zunehmenden Integration von Halbleitern hat dieser Vorteil schon lange an Bedeutung verloren, weswegen man heute fast ausschließlich bipolare Treiberschaltungen verwendet. Ausnahmen sind absolute low-cost Anwendungen. Der wesentliche Nachteil liegt darin, dass immer nur eine Hälfte der Wicklung bestromt ist, was zu einem niedrigeren Dreh- und Haltemoment und damit zu einem schlechteren Verhältnis von Bauraum und Gewicht zu Drehmoment führt.

Bipolarer Schrittmotor:
Bei bipolaren Schrittmotoren wird die gesamte Wicklung bestromt. Um die Wicklung umpolen zu können sind an jedem Wicklungsende zwei Transistoren erforderlich, insgesamt also 8 Tranistoren bzw. zwei Vollbrücken (die im englischen wegen ihres Aufbaus „H-Bridge“ genannt werden) für einen 2-phasigen Motor. Es sind Ausführungen mit 4 bzw. 8 Litzen üblich. Schrittmotoren mit 8 Litzen nehmen eine Sonderstellung ein, da sie je nach Beschaltung wahlweise unipolar oder bipolar angesteuert werden können.

Schaltschema bipolar und unipolar

Schaltschema bipolar (links) und unipolar (rechts). Quelle: Wikipedia

Unterschiede in den elektrischen und mechanischen Eigenschaften:

Hinweis: Die folgenden Betrachtungen gehen vom Vergleich zwischen einem unipolaren Motor und dem selben Motor in bipolarer Beschaltung aus. Die Verhältnisse entsprechen der bipolar seriellen Beschaltung bei einem Motor mit 8 Anschlüssen. Die Unterschiede für diese Motorvariante (bipolar seriell und bipolar parallel) werden in einem späteren Beitrag erläutert.

1) Wicklungsdaten

Im Prinzip kann man einen unipolaren Motor auch bipolar ansteuern, was tatsächlich häufig gemacht wird. Es ist auf den ersten Blick klar, dass sich in diesem Fall der Wicklungswiderstand verdoppelt, da beide Teilwicklungen in Reihe geschaltet sind. Weniger klar ist, dass die Induktivität der Wicklung nicht verdoppelt, sondern vervierfacht wird. Das liegt daran, das die (Teil)-Spulen nicht unabhängig voneinander sind, sondern auf den selben Spulenkörper gewickelt sind. Da die Spulenlänge konstant bleibt, sich die Windungszahl aber verdoppelt (welche quadratisch in die Induktivität eingeht) erhält man die vierfache Induktivität.

2) Strom und Verlustleistung

Die Katalogdaten von Schrittmotoren mit 6 oder 8 Anschlüssen beziehen sich (soweit nicht explizit etwas anderes angegeben wurde) auf den unipolaren Betrieb. Der Motorstrom ist dabei so festgelegt, dass der Motor auch im Dauerbetrieb thermisch nicht überlastet wird. Wird nun ein unipolarer Motor bipolar betrieben, ist die ganze Wicklung bestromt, im unipolaren Betrieb nur eine Hälfte. Die thermische Belastung wird im unteren Drehzahlbereich im Wesentlichen durch die Kupferverluste in der Wicklung bestimmt. Hier gilt P(verlust)=I²*R. Damit im bipolaren Betrieb (bei doppeltem Wicklungswiderstand) die gleiche Verlustleistung anfällt, muss der Strom um den Faktor 1/Wurzel(2)=0,707 reduziert werden.

3) Drehmoment

Die elektrische Wicklungszeitkonstante (t=L/R) ist also bei einem bipolar betriebenen Motor doppelt so hoch wie im unipolaren Betrieb. Das führt letztlich dazu, dass das Drehmoment beim bipolaren Betrieb im oberen Drehzahlbereich schneller abfällt, da beim schnellen Umpolen der Wicklung der Strom nicht so schnell auf- und abgebaut werden kann. Auf der anderen Seite ist das Moment im unteren Drehzahlbereich etwa 30-40% höher, weil die doppelte Anzahl Wicklungen zur Momentbildung beiträgt, gleichzeitig aber der Strom geringer ist. Theoretisch müsste das Haltemoment im bipolaren Betrieb also genau um den Faktor Wurzel(2)=1,414 höher sein als beim unipolaren Betrieb, in der Praxis kommen jedoch zusätzlich noch Sättigungseffekte ins Spiel.

1) Strom und Verlustleistung

Die Katalogdaten von Schrittmotoren mit 6 oder 8 Anschlüssen beziehen sich (soweit nicht explizit etwas anderes angegeben wurde) auf den unipolaren Betrieb. Der Motorstrom ist dabei so festgelegt, dass der Motor auch im Dauerbetrieb thermisch nicht überlastet wird. Wird nun ein unipolarer Motor bipolar betrieben, ist die ganze Wicklung bestromt, im unipolaren Betrieb nur eine Hälfte.

 

Willkommen im Schrittmotor-Blog

Freitag, April 8th, 2011

Willkommen im ersten unabhängigen Blog rund um den Schrittmotor. Ich möchte in diesem Blog meine Erfahrungen zum Thema Schrittmotoren teilen, die ich in den über 15 Jahren gesammelt habe, seit ich mich mit Schrittmotoren beschäftige. Ich hoffe, dass ich dabei eine gute thematische Mischung finde. Mit allgemeinen Informationen für Einsteiger in das Thema auf der einen Seite, sowie technischen Details und Problemlösungen auf der anderen Seite, die auch aus meiner Praxis als Geschäftsführer der mechapro GmbH stammen. Wenn es eine Fragestellung gibt, die Sie besonders interessiert, freue ich mich über eine Nachricht von Ihnen!

 

Mit freundlichen Grüßen, Ihr

Dipl.-Ing. Thorsten Ostermann