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Drehzahlsteuerung von Kleinantrieben

Sonntag, Dezember 4th, 2016

Wird in einer Anwendung ein Antrieb mit niedriger, (nahezu) konstanter Drehzahl benötigt, fällt die Wahl schnell auf einen Gleichstrommotor mit Getriebe. Der Motor kann über einen Relaiskontakt einfach ein- und ausgeschaltet werden und benötigt zum Betrieb keine weiteren Komponenten wie z.B. Sensoren oder Motorregler.

Bei genauerer Betrachtung ist ein Getriebemotor aber nicht immer die optimale Wahl:

Die Lebensdauer des Getriebes ist begrenzt, was besonders bei Anwendungen mit Dauerbetrieb zu Ausfällen führen kann. Dazu kommen das Geräuschverhalten des Getriebes und mögliche EMV-Probleme durch das Bürstenfeuer des Gleichstrommotors. Spätestens wenn dann noch die Forderung nach einer konstanten Drehzahl unabhängigen von der Last dazu kommt, ist der vermeintliche Kostenvorteil schnell dahin. Dann muss ein Encoder oder ein anderer Sensor zur Drehzahlerfassung und ein 2- oder 4-Quadrantensteller zur Regelung der Motordrehzahl eingesetzt werden.

Gerade bei Anwendungen mit vergleichsweise niedrigen Drehzahlen, wie z.B. dem Antrieb kleiner Förderbänder, Drehteller oder anderer Hilfsachsen, bieten sich Schrittmotoren als Direktantriebe ohne Getriebe an. Dank ihrer hohen Polpaarzahl liefern sie ein deutlich höheres Drehmoment als DC- oder BLDC-Motoren gleicher Baugröße ohne Getriebe. Über das von der Schrittmotorsteuerung vorgegebene Feld lässt sich die Drehzahl präzise steuern, die Versorgungsspannung kann außerdem weitestgehend unabhängig von den elektrischen Daten des Motors gewählt werden. Und dank hochauflösender Mikroschritt-Ansteuerung ist auch das Geräuschverhalten in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Abgesehen von den Kugellagern im Motor sind Schrittmotoren zudem verschleißfrei.

Was verhindert also den Ersatz von Getriebemotoren durch Schrittmotoren?

Zum einen benötigen viele Standard-Steuerungen als Eingangssignal ein Taktsignal, weil Schrittmotoren meistens als Positionierantriebe verwendet werden. Bei der hierfür verbreiteten Takt-/Richtungsschnittstelle entspricht jeder Taktimpulse einem Schritt des Motors, über die Taktfrequenz wird also letztlich die Drehzahl des Schrittmotors vorgegeben. Die Erzeugung eines solchen schnellen Taktsignals (abhängig von der Mikroschritt-Einstellung einige hundert Hertz bis einige 10 kHz) ist aber mit normalen SPS-Ausgängen nur sehr eingeschränkt möglich; schnelle Taktausgänge sind vergleichsweise teuer und für den Programmierer z.T. nicht einfach in der Handhabung. Außerdem führen Ungleichmäßigkeiten im Taktsignal (z.B. Jitter) zu hörbaren Störungen im Motorlauf, die im Extremfall bis hin zum Ausrasten des Motors führen können. Zum anderen benötigen die meisten am Markt erhältlichen Steuerungen Signalpegel von lediglich 5V, während in der SPS-Welt fast durchgehend mit 24V I/O Signalen gearbeitet wird. Externe Vorwiderstände sind aber im Schaltschrankbau nicht gerne gesehen…

Eine Lösung bieten Schrittmotorsteuerungen mit integrierter Takterzeugung und 24V-toleranten I/Os:

Die Tiny-Step.plus für kleine Schrittmotoren (Nema17 bis max. Nema23 je nach Nennstrom) enthält einen Taktgenerator, der wahlweise über ein internes Trimmpoti oder einen Analogeingang gesteuert werden kann. Digitale Eingänge für Start/Stopp, Drehrichtung und Enable ermöglichen so eine einfache Steuerung über Standard-I/Os durch eine SPS oder völlig autark z.B. für Drehteller zur Warenpräsentation oder in Kunstobjekten.

Tiny-Step.plus mit Drehzahl-Steuerung
Schrittmotorsteuerung Tiny-Step.plus mit integrierter Drehzahlsteuerung.

Die Geräte der DS10-Serie von LAM enthalten einen digitalen Taktgeber, der bei der Parametrierung der Geräte auf einen festen Wert eingestellt wird. Über einen konfigurierbaren digitalen Eingang kann der Motor dann gestartet und wieder gestoppt werden, ergänzend sind eine Umschaltung der Drehrichtung sowie ein Enable-Signal zum Ein- und Ausschalten der Endstufe vorgesehen. Durch die fest eingestellte Drehzahl wird der Motor hierbei allerdings abrupt auf Drehzahl gebracht, diese Ansteuerung eignet sich also nur für niedrige Drehzahlen. Für mehr Dynamik benötigt ein Schrittmotor eigentlich eine Beschleunigungsrampe. Eine Zwischenstufe ermöglicht der Taktgenerator der DS10-Serie, der eine Umschaltung zwischen zwei verschiedenen festen Drehzahlen erlaubt. So kann der Motor mit niedriger Drehzahl anlaufen, und dann über einen weiteren Eingang an der Steuerung auf eine höhere Geschwindigkeit umgeschaltet werden.

Für Anwendungen, die noch mehr Flexibilität benötigen (z.B. Anlauframpen) oder ganz ohne weitere Steuerung betrieben werden sollen, empfehlen sich die frei programmierbaren Schrittmotorsteuerungen aus der DS30-Serie. Hiermit lassen sich z.B. voll automatische Fototische (Scantable) realisieren, incl. Ansteuerung des Kameraauslösers. Dazu später mehr in einem weiteren Blogbeitrag.

Im Zusammenspiel mit modernen Steuerungen bieten sich Schrittmotoren als Alternative zu Getriebemotoren für Anwendungen mit niedrigen Drehzahlen an. Der Einsatz ist fast genau so einfach wie der eines Gleichstrommotors. Und berücksichtigt man die Gesamtkosten (Getriebe, ggf. Encoder plus Verdrahtung, Instandhaltung), kann eine solche Lösung dabei sogar günstiger sein. Es lohnt sich also, über diese Alternative nachzudenken…

Die richtige Spannung für Schrittmotorsteuerungen – Kriterien zur Auswahl

Montag, April 25th, 2016

Das Schrittmotoren an modernen Steuerungen mit Stromregelung üblicherweise mit Spannungen betrieben werden, die deutlich über der Motornennspannung liegt, ist den meisten Anwendern bekannt und wurde hier bereits vor 5 Jahren im Beitrag „Die Sache mit der Spannung“ besprochen. Doch wie hoch sollte die Spannung gewählt werden? Umso höher die Spannung, umso mehr Drehmoment liefert der Motor im oberen Drehzahlbereich. Also liegt es nahe, die Spannung so hoch wie möglich zu wählen. Im nachfolgenden Beitrag möchte ich diskutieren, welche Grenzen bei der Wahl der Versorgungsspannung beachtet werden müssen.

Vorsicht Spannung

Vorsicht Spannung! Welche Versorgungsspannung ist bei Einsatz eines Schrittmotors die richtige?

Regulatorische Einschränkungen

Neben internen Vorgaben (Werksnormen o.ä.) sind hier vor allem Normen und gesetzliche Vorgaben der Märkte zu beachten, in welche die jeweilige Maschine oder Anlage geliefert werden soll. Für den europäischen Markt ist hier insbesondere die neue Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU relevant (gültig seit 20.4.2016, davor 2006/95/EG). Für den amerikanischen und kanadischen Markt ist es dagegen die UL508A. Die Niederspannungs-Richtlinie greift bei Einsatz von Gleichspannungen ab 75V bzw. Wechselspannungen ab 50V. Mit 48V Gleichspannung ist man also in Hinblick auf die Anwendung der Niederspannungsrichtlinie noch auf der „sicheren Seite“. Geht man darüber hinaus, müssen Motor, Motorsteuerung und Verdrahtung im Rahmen der Risikoanalyse betrachtet werden. Alle mit der Motorspannung verwendeten Komponenten müssen dann die Niederspannungs-Richtlinie erfüllen, diese muss dementsprechend auch in der CE-Konformitätserklärung berücksichtigt sein. Ist die UL508A anzuwenden, sind die Grenzen deutlich strenger. Die Prüfvorschriften für die UL508A berücksichtigen die Besonderheiten von Kleinspannungsantrieben nicht. Diese müssen vergleichbare Spannungsfestigkeiten wie Antriebsverstärker für den Netzspannungs-Betrieb aufweisen, was mit vertretbarem Aufwand nicht zu realisieren ist. Aus diesem Grund gibt es zumindest auf dem europäischen Markt keine Steuerungen für Kleinantriebe, welche die UL508A erfüllen. Bei Versorgung einer Steuerung aus einem sogenannten „Class 2“ Netzteil oder bei Einsatz eines „Limited Energy“ Stromkreises kann aber auch eine Motorsteuerung ohne UL-Zulassung verwendet werden. Class 2 Netzteile sind auf max. 30Veff beschränkt. Bei Limited Energy-Kreisen darf die Spannung bis 42,4V betragen, die Leistung ist auf 100VA begrenzt. Kommen mehrere Antriebe zum Einsatz, ist es zulässig, ein Netzteil größerer Leistung zu verwenden, wenn durch nachgeschaltete Sicherungen die Leistung in den einzelnen Kreisen entsprechen der Vorgaben in der Norm limitiert wird.

Schrittmotorsteuerung

Je nach Bauart der Schrittmotorsteuerung kommt eine single-Chip Lösung zum Einsatz, oder eine Endstufe mit externen MOSFETs. Gerade integrierte Lösungen sind in Hinblick auf die Versorgungsspannung limitiert. Typische maximale Spannungen liegen im Bereich 30-40V. Um ausreichend Reserven beim Bremsen (Rückspeisung durch den Motor) und für auftretende Schaltspitzen zu haben, sollte die Betriebsspannung mit einigem Abstand zur maximalen Versorgungsspannung des eingesetzten Treiber-ICs gewählt werden. Bei einsatzfertigen Geräten ist diese Reserve in der Regel bereits in den technischen Daten berücksichtigt, während bei „Motorshields“ (Treiber-Platinen für den Einsatz am Arduino oder Raspberry Pi meist mit minimaler Außenbeschaltung) in der Regel die Maximalwerte des Chips angegeben werden. Hier muss der Anwender selbst für entsprechende Sicherheitszuschläge sorgen, auch empfiehlt sich der Einsatz zusätzlicher Stützkondensatoren. Steuerungen für den Betrieb an Spannungen >=75VDC müssen die Niederspannungsrichtlinie erfüllen und entsprechend gekennzeichnet sein.

Schrittmotorsteuerung mit CE

Programmierbare Schrittmotorsteuerung für höhere Versorgungsspannungen mit CE-Kennzeichnung.

Motor

Bei Schrittmotoren gibt es von den Herstellern in der Regel keine offiziellen Spezifikationen, bis zu welcher Spannung ein Motor eingesetzt werden darf. Anhand der in den Motorkennlinien verwendeten Spannungen kann jedoch auf den zulässigen Spannungsbereich geschlossen werden. Höhere Spannungen als in den Kennlinien angegeben sollten vorab mit dem Motorhersteller abgestimmt werden. Wie im vorherigen Abschnitt bereits erwähnt, müssen Motoren, die mit Spannungen betrieben werden, die in den Geltungsbereich der Niederspannungsrichtlinie fallen, eine CE-Kennzeichnung aufweisen. Verschiedene Motorhersteller bieten Motorvarianten oder Serien mit CE-Kennzeichnung an. In der Regel sind diese Motoren auch mit einer zusätzlichen Schraube zur Erdung des Motorgehäuses und/oder einer abgeschirmten Zuleitung ausgestattet. Von Oriental Motor werden die IP54 und IP65-Motoren mit Flanschgrößen Nema23 und Nema34 mit CE-Kennzeichnung geliefert, die Standardmotoren gleicher Größe jedoch ohne CE. Sanyo Denki liefert ebenfalls unterschiedliche Serien mit und ohne CE. Von LAM werden alle Motoren mit CE-Kennzeichnung geliefert, eine Erdungsschraube ist aber nur bei den Motoren ab 86mm Flanschmaß vorhanden. Andere Hersteller liefern entweder keine gemäß CE gekennzeichneten Motoren, oder die Niederspannungsrichtlinie ist nicht Teil der Konformitätserklärung.

Schrittmotor CE

Schrittmotor PK268DW in IP54-Ausführung mit CE-Kennzeichnung und geschirmter Anschlussleitung. Quelle: Oriental Motor

Netzteil

Je nachdem, welche Spannungen bereits in der Anwendung verwendet werden, kann es sinnvoll sein, die Spannungsversorgung für den oder die Schrittmotoren aus den gleichen Netzteilen zu beziehen. Im industriellen Umfeld sind 24V besonders verbreitet, was zu den o.g. Grenzen der IC-Lösungen gut passt. Gängige Spannungen für Schaltnetzteile sind weiterhin 36V und 48V, höhere Spannungen sind sehr selten zu finden. Hier bietet sich bei Bedarf eher eine Reihenschaltung von zwei Netzteilen mit je 36V oder 48V an.

Fazit – die richtige Spannung für Ihre Anwendung

Welche Versorgungsspannung eingesetzt werden kann und darf, ist von vielen Faktoren abhängig. 24VDC sollten in den allermeisten Anwendungen möglich sein, ebenso 36VDC, wenn der verwendete Motortreiber hierfür geeignet ist. 48VDC und ggf. 60VDC sind für den europäischen Markt in der Regel problemlos verwendbar, im amerikanischen und kanadischen Markt jedoch nicht unbedingt zu empfehlen. Hier sollte man 36V nicht überschreiten und auf den Einsatz eines Class 2 Netzteils achten. Bei Spannungen über 60VDC ist eine Risikobeurteilung ratsam. In diesem Rahmen sollte auch geprüft werden, ob für Motor und Motorsteuerung eine CE-Konformitätserklärung vorliegt, welche die Niederspannungsrichtlinie berücksichtigt.

Ansteuern von Schrittmotoren mit Arduino

Montag, Mai 5th, 2014

Ein Arduino Controller kann verwendet werden, um eigenständige interaktive Objekte zu steuern oder um mit Softwareanwendungen auf Computern zu interagieren (z. B. Adobe Flash, Processing, diverse Skriptsprachen, Terminal etc.). Arduino wird beispielsweise auch an Kunsthochschulen genutzt, um interaktive Installationen aufzubauen. Die Hardware besteht aus einem einfachen I/O-Board mit einem Mikrocontroller und analogen und digitalen Ein- und Ausgängen. Die Entwicklungsumgebung verwendet die Programmiersprache Processing, die auch technisch weniger Versierten den Zugang zur Programmierung und zu Mikrocontrollern erleichtern soll. [Quelle: Wikipedia]

Um es Einsteigern in die Welt von Elektronik und Mikrocontrollern möglichst einfach zu machen, gibt es für die Arduino-Plattform eine große Vielfalt an steckbaren Erweiterungsmodulen, so genannte „Shields“. Auch für die Ansteuerung von Motoren sind diverse Shields erhältlich. Sie bestehen oft nur aus einem Treiberchip mit der minimalen Basisbeschaltung. Über die kleine Platine kann kaum Verlustleistung abgeführt werden, zudem fehlt es für größere Motoren an ausreichend dimensionierten Pufferelkos. Auch Schutzbeschaltungen (Kurzschlussschutz, Optokoppler in Richtung Controller) sind die absolute Ausnahme. Das Experimentieren mit Motoren kann so schnell zu einem frustrierenden Erlebnis werden, wenn mit den Motoren „reale“ Lasten angetrieben werden sollen. Im folgenden Beitrag wird gezeigt, wie man mit einem Arduino mit Hilfe der AccelStepper-Bibliothek über wenige I/Os nahezu alle Schrittmotorsteuerungen mit Takt-/Richtungsinterface ansteuern kann.

Zur Arduino Entwicklungsumgebung gehört auch eine einfache Bibliothek zur Ansteuerung von Schrittmotoren. Sie geht jedoch davon aus, dass die Motorwicklungen direkt oder mittels zwischengeschalteter Transistoren über die I/Os des Prozessors angesteuert werden (Verwendung von zwei Ausgängen je Motorwicklung, insgesamt 4 Ausgänge). Beschleunigungs- und Bremsrampen sind nicht vorgesehen. Durch diese einfache Ansteuerung lässt sich nur ein geringes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen erreichen. Die AccelStepper-Library unterstützt dagegen auch so genannte 2- und 3-Draht Interfaces sowie den Typ „Driver“. Gemeint ist damit die Ansteuerung von integrierten Treibern über Takt- und Richtungssignale. Es ist auch möglich, eigene Interface-Definitionen einzuführen, wie im Beispiel zu diesem Beitrag gezeigt wird. Wie der Name andeutet, implementiert die Lib außerdem Beschleunigungs- und Bremsrampen. Über die Bibliothek können zudem mehrere Motoren gleichzeitig angesteuert werden, was die Anwendungsmöglichkeiten von Arduino für Projekte mit Motoren deutlich erweitert.

Anschluss der Tiny-Step Endstufe an den Arduino Controller

Anschluss der Tiny-Step Endstufe an den Arduino Controller

Das Bild zeigt den Anschluss der Takt-Richtungsendstufe Tiny-Step II, welche auf dem A3979 von Allgero Micro basiert. Der Treiber realisiert Motorströme bis 2,25A bei bis zu 35V bei Mikroschritt-Auflösungen bis 1/16. Durch das durchdachte Kühlkonzept werden die genannten Leistungsdaten auch im Dauerbetrieb sicher erreicht. Der integrierte, selbstrückstellende Kurzschlussschutz sichert die Schaltung vor Schäden durch falsche Beschaltung. Neben den Anschlüssen für Takt und Richtung (grün und gelb) werden auch Ausgänge für Enable (Einschalten der Endstufe) und Stromabsenkung ausgegeben sowie ein Fehlersignal von der Endstufe über einen Eingang eingelesen. Diese Signale sind optional. Der fertige Aufbau ist im folgenden Bild zu sehen, angeschlossen ist ein Nema17 Motor mit 0,5Nm Haltemoment. Auch kleinere Nema23 Motoren können mit diesem Aufbau angesteuert werden.

Testaufbau mit Arduino, Tiny-Step und Schrittmotor von Nidec Servo

Testaufbau mit Arduino, Tiny-Step und Schrittmotor von Nidec Servo

Nach dem gleichen Prinzip und hier sogar mit der identischen I/O-Beschaltung lassen sich aber auch deutlich leistungsfähigere Endstufen an den Arduino anbinden. Das folgende Bild zeigt einen Aufbau mit einer Endstufe vom Typ LAM DS1078 (bis 14A bei bis zu 90V), die einen Nema34 Motor mit 3,1Nm antreibt. Die DS10-Serie ist eine industrietaugliche Serie von Schrittmotorendstufen mit SPS-kompatiblen I/Os. Durch den Einsatz dieser Kraftpakete ergeben sich mit dem Arduino ganz neue Möglichkeiten.

Testaufbau mit LAM DS1078

Testaufbau mit LAM DS1078

Das Programmierbeispiel (Arduino-Projekte werden auch Sketch genannt) ist auf Git-Hub frei zum Download verfügbar. Ich würde mich über Rückmeldungen zum Einsatz der Accellib freuen.

Einschwingverhalten von Schrittmotoren

Dienstag, Juli 9th, 2013

Um Schrittmotoren in der Anwendung besser verstehen und beurteilen zu können ist es hilfreich, zunächst das Verhalten des Motors bei einem einzelnen Schritt zu betrachten. Auf dieser Basis lassen sich viele Dinge wie z.B. die Vorteile von Halb- und Mikroschritt sowie die Bedeutung der Last und ihrer Ankopplung an den Motor besser nachvollziehen.

Für die in diesem Beitrag behandelten Messungen wurde zur Erfassung der Rotorbewegung ein Encoder mit 5.000 Strichen und TTL-Ausgang verwendet. Mit Hilfe der 4-fach Flankenauswertung lässt sich die Bewegung auf 20.000 Pulse/U auflösen. Bei einem normalen Schrittmotor mit 200 Vollschritten/U entspricht das 100 Pulsen pro Vollschritt.

Der Encoder wurde über eine drehsteife Elastomer-Kupplung direkt an den Motor angekoppelt. Als Testmotor wurde ein Oriental Motor Typ PK268-E2.0B in paralleler Beschaltung eingesetzt. Auf der B-Welle war ein Dämpfer Typ D6CL-6.3F (Massenträgheit J_Dämpfer=18,5*10-6 kg*m², J_Motor=48*10-6 kg*m²) montiert.

Testaufbau, Schrittmotor mit Encoder

Schrittmotor PK268-E2.0B mit Encoder und Dämpfer

Angesteuert wurde der Motor über eine 3-Achs Endstufe „3D-Step“ mit der klassischen L297/L298 Treiber-Kombination bei 2,0A(effektiv), also etwas unterhalb des Nennstroms von 2,8A. Die Erfassung der Encoder-Signale erfolgte über eine Beckhoff-SPS mit einer Taktrate von 2ms.

Bei einem Vollschritt sollte der Motor einen Winkel von 1,8° weiterschalten. Eine erste Messung zeigt, dass der Motor trotz der Belastung durch den Dämpfer und den Encoder dabei deutliche Schwingungen ausfürt. Der Rotor schwingt bis fast 2,8° über und pendelt auf 1,5° zurück, bevor die Schwingung langsam abklingt und nach ca. 10ms in einem Toleranzband von +/- 0,2° ausklingt.

Messergebnis Vollschritt mit Dämpfer

Vollschritt mit Dämpfer

Noch deutlich schlimmer sieht es aus, wenn man den Dämpfer von der B-Welle des Motors entfernt. Das Überschwingen ist mit max. 3,0° von der Amplitude her zwar nur unwesentlich stärker, jedoch lässt sich deutlich erkennen, dass die Dämpfung stark reduziert wird. Es dauert jetzt ca. 25ms, bis der Rotor im selben Toleranzband bleibt wie dies beim ersten Versuch bereits nach 10ms der Fall war.

Messergebnis für Vollschritt ohne Dämpfer

Vollschritt ohne Dämpfer

Nach Umschalten der Endstufe in den (stromkompensierten) Halbschritt und erneuter Montage des Dämpfers ergibt der nächste Versuch die folgende Sprungantwort. Zu beachten ist hier, dass der Motor nach einem Halbschritt im Vergleich zu den vorherigen Versuchen nur den halben Winkel, also 0,9° zurück gelegt hat. Die Schwingung reicht hier von ca. 1,15 bis zurück nach 0,7° und erreicht bereits nach einer Schwingung ein Toleranzband von +/-0,1°. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde der Maßstab des Graphen unverändert beibehalten.

Messergebnis für Halbschritt mit Dämpfer

Halbschritt mit Dämpfer

Beim Übergang zu einer kontinuierlichen Drehbewegung wird der Rotor je nach Drehzahl weitergeschaltet, bevor die durch einen einzelnen Schritt angeregte Schwingung vollständig abgeklungen ist. Das zeigt auch die folgende Messung bei ca. 42Hz Halbschritt. Trotzdem führen insbesondere der erste Überschwinger und die stufenweise Bewegung im unteren Drehzahlbereich zu unangenehmen Betriebsgeräuschen.

Messergebnis für eine kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

Kontinuierliche Bewegung mit ca. 42Hz Halbschrittrate

In der Anwendung treibt der Motor eine mehr oder weniger steif angekoppelte Last an. Es ist angesichts dieser Messungen leicht nachvollziehbar, dass der Motor mit seiner Schwingneigung leicht Resonanzstellen in der Mechanik anregen kann.

Die Amplitude des Überschwingens hängt direkt mit dem Drehmoment und damit mit dem Motorstrom zusammen. In diesem Versuch wurde der Motor bereits ca. 30% unterhalb seines Nennstroms betrieben. Bei Nennstrom ist also eine noch stärkere Schwingung zu erwarten. Umgekehrt bedeutet dies, dass eine Absenkung des Motorstroms –sofern in der Anwendung entsprechende Drehmomentreseven vorhanden sind- zu einer Reduktion von Schwingungen führen wird.

Wie der Gegenversuch mit dem Dämpfer zeigt, hilft eine steif angekoppelte Last, das Gesamtsystem zu bedämpfen. Auch die Auswahl einer geeigneten Kupplung sowie eine stabile Lastmechanik (geringe Schwingungsneigung) sind Hilfen, um Resonanzprobleme zu vermeiden. Einen deutlichen Vorteil bietet vor allem der Wechsel zum Halbschritt-Modus. Bei Einsatz einer Endstufe mit Drehmoment-Kompensation (also der Erhöhung des Phasenstroms in den Halbschrittpositionen) entsteht durch den Einsatz von Halbschritt kein nennenswerter Drehmomentverlust. Daher und wegen der erhöhten Schwingungsneigung im Vollschritt rate ich grundsätzlich von der Verwendung des Vollschrittbetriebs ab.

Eine weitere Optimierung besteht im Einsatz von Steuerungen mit Mikroschritt und ggf. der Möglichkeit, das beim Schrittmotor besonders ausgeprägte Rastmoment zu kompensieren. Diesem Thema werde ich demnächst einen eigenen Beitrag widmen.

LPT, USB und Ethernet – Welche Schnittstelle für Desktop-CNC Maschinen?

Samstag, Mai 18th, 2013

In der Zeitschrift „Hardware Hacks“ Ausgabe 1/2013 wurde im Rahmen eines Tests (S. 30ff) von Desktop-CNC Maschinen kritisiert, dass bei vielen der getesteten Maschinen noch der LPT-Port (Parallelport) als Schnittstelle zum PC verwendet wird. Warum das meiner Meinung nach trotzdem sinnvoll ist, will ich nachfolgend erläutern:
Es stimmt zwar, dass der Druckerport (LPT) im PC längst obsolet ist. Trotzdem hat er als Schnittstelle für Schrittmotorsteuerungen in low-cost CNC-Anwendungen nach wie vor seine Berechtigung. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass im Endgerät kein Protokoll implementiert werden muss, sondern die I/O-Signale direkt verwendet werden können – nach dem sie idealerweise auf einer Interfacekarte (oft auch als Breakout Board bezeichnet) noch etwas aufbereitet wurden. Musste man früher die Pinbelegung ggf. noch durch ein handgelötetes Adapterkabel anpassen, können heute eigentlich alle gängigen Programme auf unterschiedliche Pinbelegungen hin angepasst werden.
Steht kein LPT-Port mehr zur Verfügung oder soll aus Performance-Gründen USB oder LAN eingesetzt werden, ist dies trotzdem ohne Weiteres möglich. Aufgrund der bereits genannten Protokoll-Problematik ist hierfür jedoch ein Controller erforderlich, der zu dem eingesetzten CNC-Programm passt. WinPCNC wird z.B. in der USB-Version gleich mit einem passenden Controller geliefert, der 2 „LPT“-Ports als Schnittstelle zur Elektronik bietet. Mit dem „Smooth-Stepper“ gibt es für Mach3 ähnliche Lösungen sowohl für USB als auch Ethernet. Ausgangsseitig werden auch hier diskrete I/Os in Anlehnung an den LPT-Port verwendet.
Wenn ein Maschinenhersteller also für seine Steuerung auf den LPT-Port setzt, ist das letztlich im Sinne des Anwenders, weil diese nicht an die vom Maschinenbauer präferierte Software gebunden ist. Statt dessen bleibt dem Anwender die freie Wahl, welche Software er einsetzen möchte.

Literatur zu Schrittmotoren

Freitag, Juni 8th, 2012

Wer anfängt, sich mit Schrittmotoren zu beschäftigen, findet im Web eine Menge an Quellen, anhand derer man sich einen ersten Überblick verschaffen kann. Zu empfehlen ist zunächst der Wikipedia-Artikel zum Schrittmotor. All denen, die halbwegs englisch sprechen bzw. lesen können, sei die Webseite von Professor Jones ans Herz gelegt. Auch meine Homepage zum Schrittmotor möchte ich nicht unerwähnt lassen…

Was aber, wenn man tiefer in das Thema Schrittmotor einsteigen will? Ältere Semester werden sich erinnern: Richtig, dann könnte man ein Buch zur Hand nehmen. Aber welches? Ich habe im Folgenden eine Übersicht über bekannte und weniger bekannte Bücher rund um den Schrittmotor zusammen gestellt. Allen gemein ist, dass sie schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Viele Titel sind außerdem nicht mehr neu erhältlich, sondern nur noch gebraucht über eBay, Amazon und Co.

Neuere Entwicklungen wie Mikroschritt, Stall-detection (Überlasterkennung) oder sensorlose Regelung bleiben bei den Büchern also außen vor. Doch bevor man sich intensiv mit diesen Themen beschäftigt, lohnt es sich, ein gutes Grundverständnis vom Schrittmotor und dem zugrunde liegenden Wirkprinzip aufzubauen. Dann lesen sich die Datenblätter und Applikation Notes der IC-Hersteller deutlich leichter. Und wer dann immer noch nicht genug hat, wird in Unibibliotheken fündig. Hier gibt es tatsächlich eine Reihe neuerer Veröffentlichungen in internationalen Magazinen (z.B. verschiedene IEEE Publikationen) und natürlich Dissertationen, die noch mehr in die Tiefe gehen.

Literaturübersicht:

Übersicht Bücher zum Thema Schrittmotoren

Eine Auswahl an Büchern zu Schrittmotoren und elektrischen Antrieben

Felix Schörlin: “Mit Schrittmotoren steuern, regeln und antreiben”. Franzis, 1995. ISBN: 3-7723-6722-4
Sehr schönes, leicht verständlich geschriebenes Buch für Einsteiger. Betrachtet auch Resonanzen und einfache Versuchsaufbauten. Mit verschiedenen, ausführlich erläuterten Schaltungsbeispielen (TCA3717, L6203, diskrete Endstufen mit MOSFET und IGBTs), die allerdings nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Auch für 5-phasige Motoren einsetzbar. Das Controller-Beispiel mit dem ST6225 ist nicht mehr up to date, kann aber leicht auf andere Controller übertragen werden.

Friedrich Prautzsch: „Schrittmotor-Antriebe“. 3. Aufl., Franzis, 1996. ISBN: 3-7723-2183-6
Sehr kompakt, bietet einen schnellen aber nicht zu oberflächlichen Einstieg in das Thema. Elektrotechnik-Grundwissen ist von Vorteil. Nicht mehr ganz auf dem letzten Stand.

Erich Rummenich et al.: „Elektrische Schrittmotoren und –antriebe“. 3. Aufl., Expert 2005. ISBN: 3-8169-2458-1
Inhaltlich nicht mehr auf dem Stand der Technik. Interessant wegen der einfachen Versuchsaufbauten und für historische Betrachtungen

Takashi Kenjo: „Stepping motors and their microprocessor controls“. Oxford Science Publications, 1984. ISBN 0-19-859339-2
Sehr umfangreiches englisches Buch, bietet einen guten Einstieg mit historischem Überblick. Viele interessante Abbildungen von älteren Geräten und Realisierungsbeispielen. Dynamische Betrachtungen incl. der mathematischen Zusammenhänge, Schaltungsbeispiele mit Logiktabellen sowie Versuchsaufbauten. Mit Literaturverzeichnis zu jedem Kapitel

Dierk Schröder: „Elektrische Antriebe – Grundlagen“. 3. Aufl., Springer, 2007. ISBN: 978-3-540-72764-4
Allgemeines Buch zur elektrischen Antriebstechnik mit einem Abschnitt über Schrittmotoren. Umfangreiches Literatur- und Sachverzeichnis

Gert Hagmann: „Leistungselektronik – Grundlagen und Anwendungen in der elektrischen Antriebstechnik“. 3. Aufl., Aula, 2006. ISBN:978-3-89104-700-2
Gutes Grundlagenbuch für alle, die selbst Schaltungen zur Ansteuerung von Motoren entwickeln möchten. Gutes Sachverzeichnis.

Paul Acarnely: “Stepping Motors: A Guide to Theory and Practice”. 4th edition, Institution of Engineering and Technology, 2002. ISBN: 978-0852964170
Englisches Fachbuch. Das Thema Mikroschritt fehlt leider. Sonst sehr detailliert, incl. der zur Beschreibung und Berechnung erforderlichen Mathematik. Weitere Themen: Open und closed loop Betrieb, statische Betrachtung der Momente, Highspeed Betrieb, Resonanzdämpfung. Umfangreiche Literaturverweise.

Handbuch Elektrische Kleinantriebe [Gebundene Ausgabe]
Hans-Dieter Stölting (Herausgeber), Eberhard Kallenbach (Herausgeber). 4. Aufl., Hanser, 2011. ISBN-13: 978-3446423923
Habe ich selbst noch nicht gelesen, sollte aber trotzdem nicht unerwähnt bleiben, weil es gerade in neuer Auflage erschienen ist. Somit besteht die Chance, auch zu neueren Themen Informationen zu finden.

China-Endstufen im Test bei c’t Hardwarehacks

Mittwoch, Mai 2nd, 2012

Der c’t Redakteur Carsten Meyer widmet sich in seinem Testbericht auf Heise Hardware-Hacks den inzwischen sehr belieben 3- oder 4-achsigen Schrittmotorendstufen auf Basis des Toshiba TB6560AHQ. Im Test nimmt das Design genauer unter die Lupe und entdeckt einige Ungereimtheiten. Fazit: Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Zum Testbericht auf Hardware-Hacks

Schrittmotor im Servo-Betrieb – Closed loop or not so closed?

Mittwoch, Januar 18th, 2012

Immer mehr Hersteller bieten Schrittmotoren mit Positionsfeedback (Encoder) und entsprechende Steuerungen an. Grund genug, Vor- und Nachteile dieser Systeme ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

Die klassische Anwendungsweise für Schrittmotoren ist der sogenannte „open loop Betrieb“, also der Einsatz ohne Positionsrückmeldung. Durch die hohe Polpaarzahl folgt der Schrittmotor dem extern vorgegebenen Drehfeld präzise, zumindest solange die Drehzahl nicht zu hoch ist und die Last das vom Motor abgegebene Moment nicht überschreitet. Fall das passiert, kommt der Motor aus dem Tritt und verliert Schritte. Und genau davor haben viele Entwickler in industriellen Anwendungen Angst: Was, wenn die Mechanik mit der Zeit schwergängiger wird? Was passiert, wenn der Schrittverlust nicht erkannt wird? Welche Folgefehler können auftreten? Oft wurde dann in der Vergangenheit zu deutlich teureren Servomotoren gegriffen (Anmerkung: Mit Servomotor sind i.A. Synchronmotoren gemeint, die mit mehreren hundert Volt Zwischenkreisspannung betrieben werden).

Inzwischen sind Schrittmotoren mit Encodern, also optischen Drehgeber, günstig und in großer Typenvielfalt erhältlich. Damit wird es möglich, Schrittverluste zu erkennen und den Antrieb entsprechend nachzuführen. Geht man noch einen Schritt weiter, kann ein Schrittmotor wie ein Servomotor betrieben werden, d.h. mit feldorientier Regelung. Der wesentliche Unterschied zum „überwachten“ Schrittmotorbetrieb (manchmal von den Herstellern auch als „semi closed loop“ bezeichnet), liegt in der Ansteuerung der Wicklungen. Ein Servomotor wird vom Regler nur mit so viel Strom beaufschlagt, wie zum Ausgleich der Regelabweichung erforderlich ist. Ein normaler Schrittmotortreiber steuert die Spule hingegen ständig mit vollem Nennstrom an. Die feldorientierte Regelung ist also deutlich energieeffizienter. Hinzu kommt, dass der Regler ständig einen Winkel von 90° elektrisch zwischen Rotor und Drehfeld aufrecht erhält, so dass das maximal mögliche Drehmoment erzeugt wird.

Auf der anderen Seite muss der Anwender aber bei der Inbetriebnahme den Regler geeignet parametrieren. Gute Lösungen bieten hier durch (mehr oder weniger) intelligente, automatische Funktionen zur Regler-Parametrierung Unterstützung an. Letztlich obliegt es aber dem Anwender, für die jeweilige Applikation, d.h. entsprechend der mechanischen Steifigkeit des Systems und der anzutreibenden Last, die geeigneten Regler-Einstellungen zu finden. Ein System mit reiner Positionsüberwachung ist dementsprechend einfacher in der Handhabung, nutzt aber die Vorteile der Positionsrückführung nur teilweise aus.

Schrittmotor (Typ PK266) mit rückseitig angeflanschtem Encoder

Schrittmotor (Typ PK266) mit rückseitig angeflanschtem Encoder (Quelle: Oriental Motor, Gesammtkatalog PK2-Serie, 2009)

Auch BLDC-Motoren (auch EC- oder bürstenlose Motoren genannt), sind heute preiswert und in vielen Versionen erhältlich. Für sie gilt in Hinblick auf Effizienz und Inbetriebnahme Aufwand das gleiche wie für Schrittmotoren im Servo-Betrieb. Welcher Motortyp am besten geeignet ist, ist von der Anwendung abhängig. Schrittmotoren bieten, ähnlich wie Torquemotoren, den Vorteil, dass sie bei niedrigen Drehzahlen ein verhältnismäßig hohes Drehmoment liefern. Nachteilig ist unter Umständen das ausgeprägte Rastmoment, was aber auch genutzt werden kann, um die Last bei abgeschaltetem Antrieb in Position zu halten. BLDC-Motoren hingegen schaffen aufgrund der niedrigeren Polpaarzahl deutlich höhere Drehzahlen, liefern aber wenig Drehmoment. Wenn also hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen gefordert ist, ist der Schrittmotor auch für Servo-Anwendungen die richtige Wahl und kann sogar ein Getriebe überflüssig machen, dass bei Einsatz eines BLDC-Motors erforderlich wäre. Voraussetzung ist ein geeignetes Leistungsteil mit guter Benutzerführung bei der Inbetriebnahme von Antrieb und Regelung und zumindest regelungstechnische Grundkenntnisse beim Anwender.

Anwendungsmöglichkeiten für Schrittmotoren in der Produktions- und Automatisierungstechnik

Freitag, August 19th, 2011

Durch Auswahl der für die Anwendung optimalen Schrittmotor-Steuerung lassen sich Schrittmotore deutlich schneller und einfacher in die verschiedensten Anwendungen integrieren. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Möglichkeiten und nennt einige Anwendungsbeispiele von der animierten Produktfotografie bis hin zu Drosselklappensteuerungen oder Wickeleinrichtungen.

Schrittmotoren als Ersatz für langsam laufenden Gleichstrom-Getriebemotoren

In vielen Anwendungen werden Antriebe benötigt, die lediglich eine konstante und oft niedrige Drehzahl bereitstellen müssen. Beispiele sind Antriebe für Zuführeinheiten, Band- oder Kettenantriebe für den Produkttransport, Stationen zum Einschleusen von Bauteilen in Montageprozesse usw. Aufgrund der niedrigen Drehzahlen werden hierfür oft Getriebemotoren eingesetzt, vielfach noch mit bürstenbehafteten Gleichstrommotoren. Aufgrund ihrer hohen Polpaarzahl und des vergleichsweise hohen Drehmomentes bieten sich Schrittmotoren als alternative Antriebsform an. Die Vorteile liegen auf der Hand: Besseres Störverhalten (EMC) durch Entfall des Bürstenfeuers und vor allem deutlich niedrigere Ausfallraten, da die verschleißanfälligen Komponenten Getriebe und Bürsten entfallen. Durch den Wegfall des Getriebes ist die Lösung mit Schrittmotor zudem oft auch preiswerter. Dank moderner Ansteuerverfahren mit Mikroschritt stehen Schrittmotoren anderen Antrieben in Hinblick auf das Geräuschverhalten in nichts nach.

Für den einfachen Einsatz in der Anwendung muss allerdings ein Taktsignal für die Schrittmotorsteuerung bereits gestellt werden. Auf Basis des Timer-ICs NE555 kann mit wenigen Bauteilen eine Schaltung aufgebaut werden, die ein über Spindeltrimmer einstellbares Taktsignal erzeugt. Das Bild zeigt den Schaltplan mit dem NE555 in der Grundschaltung als so genannter Multivibrator. Über den Spindeltrimmer kann die Frequenz innerhalb von mindestens einer Dekade verstellt werden. Durch Variation des Kondensators (z.B. Weglassen von C2) kann der Frequenzbereich zusätzlich variiert werden. Eine entsprechende Leerplatine ist über mechapro.de erhältlich. Die gleiche Grundschaltung wurde in der Schrittmotor-Endstufe Tinystep II verwendet (nur in den Ausführungen „plus“ und „Tragschienen-Gehäuse“. Andere Motortreiber enthalten einen Mikrocontroller, der die Ansteuerung der Endstufe übernimmt. Ist ein Controller vorhanden, bietet es sich natürlich an, diesen auch für die Takterzeugung zu verwenden. Die Treiber der DS10-Reihe von LAM bieten so die Möglichkeit, über I/O zwei parametrierbare Frequenzen auszuwählen.

Beschaltung des NE555 als Multivibrator zur Takterzeugung

Bei größeren bewegten Massen oder Bewegungen mit höheren Drehzahlen benötigen Schrittmotoren eine Anlauframpe. Neben umfangreich programmierbaren Treibern (wie z.B. der DS30-Serie von LAM) gibt es Lösungen mit analoger Sollwertvorgabe für die Drehzahl. So kann eine übergeordnete Steuerung direkten Einfluss auf die Drehzahl des Schrittmotors nehmen, ohne Frequenzen bis in den zweistelligen kHz-Bereich erzeugen zu müssen. Die bietet einen Eingang für +/-10V, mit dem die Drehzahl bis 5U/s eingestellt werden kann. Neben den zuvor genannten Anwendungen können Schrittmotoren so auch für Registerregelungen, Wickelvorrichtungen usw. eingesetzt werden.

Vielfältige Möglichkeiten mit frei programmierbaren Schrittmotorsteuerungen

Frei programmierbare Treiber wie die DS30-Serie von LAM ermöglichen den Einsatz von Schrittmotoren für vielfältige Anwendungen, ohne das eine permanente PC-Verbindung oder eine komplexe SPS erforderlich wären. Digitale und analoge Ein- und Ausgänge synchronisieren das interne Programm mit dem Verhalten der Anlage. Um z.B. eine Drosselklappenverstellung abhängig von einem analogen Sollwert zu realisieren, wird in der Steuerung der Wert des analogen Eingangs mit der Sollposition des Antriebs verknüpft. Beim Einsatz in Wickelvorrichtungen kann der Analogwert hingegen zur Anpassung der Geschwindigkeit des Wicklers eingesetzt werden. Zur Steuerung von Drehtellern für die Produktfotografie können z.B. feste Wegstrecken eingestellt werden, die dann entweder über einen Eingang oder voll automatisch ausgelöst werden können. Durch den Einsatz von Wartezeiten und eines Ausgangssignals kann ggf. sogar die Ansteuerung der Kamera integriert werden, so dass nach Ablauf eines Fotoshootings nur noch die Bilder von der Kamera auf einen PC übertragen werden können. Noch komfortabler geht es nur noch durch den Einsatz eines USB-Controllers und einer auf die Anwendung abgestimmten PC-Software…

Falls eine Referenzfahrt oder ein Freigabesignal erforderlich ist, kann dies problemlos über die digitalen Eingänge gelöst werden, während die digitalen Ausgänge z.B. Fehlerzustände, Bereitsignale u.ä. signalisieren können. Zusätzlich steht ein analoger Ausgang zur Verfügung, mit dem z.B. die aktuelle Geschwindigkeit des Motors ausgegeben werden kann. Für alle Eingangswerte und die internen Variablen stehen mathematische Funktionen zur Verfügung, so dass auch komplette Regler realisiert werden können.

Abseits von reinen Schrittmotor-Endstufen mit Takt-/Richtungssignalen erschließen Schrittmotor-Steuerungen mit Zusatzfunktionen ein breites Anwendungsfeld. Ich hoffe, ich konnte Sie mit den vorgestellten Beispielen inspirieren und würde mich über Ergänzungen aus Ihrer beruflichen Praxis freuen.

Resonanzen bei Schrittmotoren

Donnerstag, Juli 28th, 2011

Gesteuert betriebene Schrittmotoren weisen, je nach Last und Art der Ansteuerung, unterschiedlich starke Resonanzbereiche auf. Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Ursache und mögliche Lösungen, mit denen das Auftreten von Resonanzen und damit letztlich ein Schrittverlust vermiedenen werden kann.

Resonanzen bei Schrittmotoren lassen sich grob in zwei Bereiche unterteilen, die unterschiedliche Ursachen haben. Im unteren Frequenzbereich (bis ca. 250 Hz) handelt es sich um mechanisch angeregte Schwingungen, die im Bereich der Eigenfrequenzen der Mechanik Aufgrund mangelnder Dämpfung kritisch werden können. Im mittleren bis oberen Frequenzbereich hat man es dagegen mit einer geringer werdenden Dämpfung aufgrund der induzierten Gegenspannung (EMK) und Wechselwirkungen mit der Treiberschaltung (Endstufe) zu tun.

Resonanzen im unteren Frequenzbereich

Bei der Betrachtung des Lastwinkels wurde bereits diskutiert, dass ein Schrittmotor nur dann ein Drehmoment erzeugt, wenn der Winkel zwischen dem elektromagnetischem Feld und Rotor ungleich null ist. Wir der Motor ohne Last mit konstanter Frequenz betrieben, ergibt sich bei jedem Umschalten einer Wicklung eine schlagartige Änderung dieses Winkels. Der Rotor bewegt sich jedoch annähernd gleichförmig, so dass der Lastwinkel stark schwankt. Es ergibt sich ein starkes Pendelmoment. Nur der Gleichanteil dieses Pendelmoments steht zum Antreiben von Lasten zur Verfügung. Bei niedriger Dämpfung und ungünstiger Anregungsfrequenz wird der Rotor zum Schwingen angeregt und das System schaukelt sich weiter auf. Die betroffenen Frequenzen hängen stark von der angekoppelten Last und der damit verbundenen Reibung ab. Umso geringer die Reibung und die Trägheit im System sind, umso größer ist die Gefahr von Resonanzproblemen. In weniger „geschönten“ Drehmomentkurven sind Resonanzstellen gut durch Einbrüche im Drehmomentverlauf zu erkennen. Das vorhanden sein eines solchen Einbruchs bedeutet aber nicht, dass der Motor im entsprechenden Frequenzbereich kein oder kaum Drehmoment erzeugt. Ist der Motor entsprechend belastet, erzeugt er sehr wohl ein entsprechendes Moment. Man muss aber darauf achten, dass die Last oder die Reibung nicht zu klein werden können.

Resonanzen im unteren Frequenzbereich sind besonders bei Ansteuerung im Vollschritt und zum Teil auch bei Halbschrittbetrieb ausgeprägt. Der Betrieb von Schrittmotoren im Vollschritt kann daher allgemein nicht empfohlen werden. Deutlich weniger Resonanzprobleme treten bei Ansteuerung im Mikroschritt auf. Probleme kann aber auch die anzutreibende Mechanik machen, wenn sie nicht ausreichend steif ist und Eigenfrequenzen in Bereichen aufweist, die vom Motor angeregt werden können. Sind die kritischen Frequenzbereiche bekannt und liegen sie unterhalb der Arbeitsgeschwindigkeit, empfiehlt es sich, den Motor schnell durch die kritischen Bereiche hindurch zu beschleunigen. Auch die geeignete Wahl von Getrieben oder anderen Übersetzungsstufen kann helfen, Resonanzbereiche zu meiden. Falls das nicht ausreicht, können mechanische Dämpfer Abhilfe schaffen. Diese gibt es z.B. als preiswerte Flanschdämpfer, die zwischen Motor und Mechanik montiert werden. Oder als Silikongel Dämpfer in Scheibenform, die z.B. auf das hintere Wellenende eines Schrittmotors montiert werden können. Diese Lösung ist aber vergleichsweise teuer. Flanschdämpfer verschlechtern dagegen die Kühlung des Motors über die Struktur der Mechanik, da kein direkter Kontakt mehr besteht. Außerdem stellen sie eine zusätzliche Nachgiebigkeit zwischen Motor und Last dar und verringern so die Positioniergenauigkeit. Gute Ergebnisse erreicht man auch durch den Einsatz eines Zahnriemens statt einer Metallbalgkupplung zwischen Motor und Last. Allerdings muss das möglichst schon in der Planungsphase berücksichtigt werden, da sonst größere Änderungen an der Mechanik erforderlich werden.

Mechanische Dämpfer für den Einsatz an Schrittmotoren. Links: Flanschdämpfer, rechts Wellendämpfer.

Resonanzen im mittleren Geschwindigkeitsbereich (engl. „midband resonances“)

Resonanz Erscheinungen im mittleren Frequenzbereich sind meist deutlich weniger ausgeprägt als im Bereich der mechanischen Eigenfrequenzen. Während die mechanische Dämpfung (aufgrund von Reibung usw.) mit der Geschwindigkeit leicht ansteigt, erreicht die Dämpfung aufgrund der Gegen-EMK ein lokales Maximum und fällt dann wieder ab. Dieses Verhalten ist auf die Wicklungsinduktivität zurück zu führen, die dafür sorgt, dass mit steigender Drehzahl der Winkel zwischen induzierter Spannung und dem daraus resultierenden Strom größer wird, was die (Verlust-)Leistung kleiner werden lässt. Durch ihren hohen Innenwiderstand haben moderne Choppertreiber keinen zusätzlichen dämpfenden Einfluss auf den Motor. Es ergibt sich somit ein Geschwindigkeitsbereich, in dem die Dämpfung des Systems mit der Drehzahl abnimmt. Zusätzliche Probleme können sich im oberen Drehzahlbereich ergeben, wenn der Stromregler aufgrund der Wicklungsinduktivität und der schnellen Umpolvorgänge keine Wirkung mehr hat. Der Treiber arbeitet dann wie ein einfacher L/R-Treiber, so dass der Motorstrom direkt von der Versorgungsspannung abhängt. Ist diese nicht ausreichend mit Kondensatoren stabilisiert, kann es bei ungünstigen Verhältnissen (Ansteuerung des Motors mit einem Vielfachen des Netzripples) zu einem Aufschwingen des Motors kommen.

Abhilfe schaffen z.T. schaltungstechnische Maßnahmen, die aber nicht trivial sind und immer auf den jeweiligen Motor abgestimmt werden müssen. Schwingungsvorgänge lassen sich als eine dem Betriebsstrom überlagerte Sinuskomponente messen. Die Messung kann in der Zuleitung zu den Endstufentransistoren erfolgen. Über eine Filterstufe kann dann der Wechselanteil identifiziert werden. Zur Schwingungskompensation gibt es zwei mögliche Vorgehensweisen. Eine Möglichkeit besteht darin, eingehende Schrittimpulse mehr oder weniger stark zu verzögern. Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Phasenverschiebung zwischen Rotor und Feld. Die andere Möglichkeit besteht darin, die Motorströme so zu modulieren, dass der Strom erhöht wird, wenn der Rotor zu stark nacheilt und reduziert wird, wenn der Motor zu sehr voreilt. Der Aufwand zur wirksamen Unterdrückung von Schwingungen kann also je nach Aufbau des Systems erheblich werden.

Resonanzen bei Closed-Loop Betrieb

Inzwischen lässt sich ein Trend erkennen, auch Schrittmotoren geregelt zu betreiben. Die Firma Nanotec bietet z.B. schon seit einiger Zeit verschiedene Treiber an, die einen Encoder-Eingang haben und neben einer reinen Schrittverlusterkennung auch einen geregelten Betrieb ermöglichen („closed loop“). Trinamic zielt mit seinen Stallguard-2 Treibern in die gleiche Richtung, vermeidet aber den Aufwand für einen Drehgeber, in dem eine sensorlose Lastwinkelerkennung zum Einsatz kommt. Aber auch mit geregelten Antrieben ist man vor Resonanzen nicht sicher. Zunächst einmal müssen Regler vernünftig abgestimmt werden, was eine gewisse Erfahrung erfordert. Zu hohe Reglereinstellungen führen zur Instabilität des Systems, zu niedrige Einstellungen bedingen hohe Nachgiebigkeiten und damit niedrigere Dynamik und Positioniergenauigkeit.

Aber auch die beste Regelung nützt nichts, wenn die anzutreibende Mechanik nicht steif genug ist, wie folgendes Beispiel aus der Praxis verdeutlicht. Im Rahmen eines Beratungsprojektes sollte ein Schrittmotorantrieb für eine Dosierpumpe optimiert werden, die über einen Zahnriemen angetrieben wurde. Nachdem man im gesteuerten Betrieb bei hohen Drehzahlen gelegentlich Schrittverluste festgestellt hatte, wurde das System auf geregelten Betrieb umgestellt. Jetzt traten allerdings (abhängig von weiteren Einflüssen, die nicht publiziert werden dürfen und hier auch nicht relevant sind) Störgeräusche auf. Mittels Messungen konnte eine extreme Drehmomentwelligkeit im Antriebsstrang nachgewiesen werden, obwohl es auf der Lastseite hierfür keinen erkennbaren Grund gab. Die auftretenden Frequenzen lagen (drehzahlabhängig) bei wenigen Hertz, die Amplitude erreichte z.T. mehr als ein Viertel des Motornennmomentes.

Neben einer ungünstigen Auslegung des Zahnriemens selbst (zu geringer Umschlingungswinkel und zu geringe Zähnezahl) konnte letztlich der federbelastete Riemenspanner als Hauptursache der Probleme ausgemacht werden. Obwohl die Spiralfeder subjektiv eine hohe Steifigkeit aufwies, führten Lastwechsel im Riementrieb dazu, dass sich die Riemenspannung über den Vorspannmechanismus lastabhängig variierte. Nachdem die Feder entfernt und der Riemen statisch vorgespannt wurde, konnten die Reglereinstellungen deutlich erhöht werden. Der Antrieb lief anschließend geräuschlos und mit deutlich reduziertem Drehmoment-Ripple.